Elbphilharmonie: „Oberbock als Obergärtner“

Wirtschaftswissenschaftler erkennt eine wirre Vertragsstruktur – und ökonomische Inkompetenz der Stadt in den Verhandlungen mit dem Baukonzern.

Die Stadt zahlt drauf: Vision des Elbphilharmonie-Saals. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der 28. Februar wird eine Art Heiligabend: Dann wird der Senat wohl verkünden, dass er die Elbphilharmonie zusammen mit Hochtief weiterbaut. Und dass der Baukonzern weitreichende Garantien übernehmen und mit den Architekten Herzog & de Meuron kooperieren wird. Die Stadt kann dann nicht mehr mitreden, muss aber auch keine weiteren Pläne mehr liefern.

Das alles macht die Sache 198 Millionen Euro teurer, womit der öffentliche Anteil am Konzerthaus-Projekt auf 575 Millionen Euro steigt. Die Frage, warum Hochtief nicht für dessen Akustik bürgt, hat zuletzt für etwas Streit gesorgt.

Ein Hauptproblem wird der 28. Februar nicht lösen: die Struktur des Public Private Partnership (PPP), für die das Projekt 2007 prämiert wurde. Idee von PPP ist, Privatkapital für die öffentliche Hand zu gewinnen und die jeweiligen Projekte über den Verkauf von Geldforderungen so zu finanzieren, dass während der Vertragslaufzeit – das können auch mal 30 Jahre sein – kein Geld aus dem öffentlichen Haushalt anfällt.

Inzwischen steht dieses Vorgehen vielerorts in der Kritik. Dass das Projekt Elbphilharmonie dafür nicht geeignet gewesen sei, hat im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss kürzlich der Ökonom Holger Mühlenkamp erklärt. „Die Idee, private Gelder zu akquirieren, geht fehl“, sagte er da – „denn die sind ja nicht kostenlos zu haben.“ War das Projekt einst für die Komplexität von Architektur und Finanzierung ausgezeichnet worden, sei eben die jetzt der Bumerang.

Zur Erinnerung: Das Haus teilt sich in drei Bereiche – den öffentlichen, also die drei Konzertsäle, den kommerziellen – Hotel, Parkhaus, Gastronomie – und den privaten: Wohnungen. Die Zuständigkeiten dafür bleiben getrennt, sodass es oft Probleme an den Schnittstellen gibt.

Mühlenkamp zufolge wurde dabei der „Oberbock zum Obergärtner gemacht“: An der Firma Sky Living, die die Wohnungen vermarktet, hält Hochtief 50 Prozent. Weil der Baukonzern „auch Generalunternehmer ist, wird hier ein Anreiz geschaffen, Kosten zu verschieben und die Wohnungen quer zu finanzieren“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Und da das Projekt nach 20 Jahren an die Stadt falle, habe Hochtief wenig Interesse, langfristig für Wirtschaftlichkeit zu sorgen.

„Wenn man hinzunimmt, dass der Vertrag unvollständig war, wird klar, dass hier falsche Anreize existieren“, so Mühlenkamp. „Jeder Ökonom hätte sofort gesehen, dass die Kosten explodieren würden.“ Da habe die Stadt Kompetenz vermissen lassen.

Ob sie nun wenigstens beim Verhandlungsgeschick zulegt? Immerhin hat die Stadt jüngst ihren Chef-Verhandler Heribert Leutner durch Martin Heyne ersetzt, ehemals beim Einkaufszentrums-Entwickler ECE. Auf die Frage, ob für Hochtief weiterhin der hiesige Niederlassungsleiter Thomas Möller verhandelt, sagt Unternehmenssprecher Bernd Pütter: „Er ist nach wie vor Leiter der Einheit, die die Elbphilharmonie baut. Aber er hat noch viele andere Aufgaben.“

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