Wahl in Italien: Einmal links und einmal rechts

Die Wahl gerät zur Zitterpartie: Die Linke liegt bei der Auszählung zum Abgeordnetenhaus vor Berlusconi. Im Senat liefert sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihm.

Nicht richtig wegzukriegen: Berlusconi-Wahlplakate in Rom. Bild: ap

ROM afp/dpa | Bei den Wahlen in Italien hat das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani Prognosen zufolge die Mehrheit im Abgeordnetenhaus gewonnen. Auch im Senat lag das Bündnis am Montagabend nach Teilergebnissen vorn, doch ob es hier für eine Mehrheit reichen wird, war ungewiss. Fast jeder fünfte Italiener votierte für die Protestbewegung des Komikers Beppe Grillo.

Das Mitte-links-Bündnis um Bersanis Demokratische Partei (PD) errang laut den von den Fernsehsendern veröffentlichten Prognosen zwischen 34,5 und 37 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus. Für die Mitte-rechts-Koalition des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi stimmten demnach 29 bis 31 Prozent der Wähler.

Auf dem dritten Platz landete Grillo, für dessen Protestbewegung „Fünf Sterne“ rund 20 Prozent der Wähler votierten. Die Allianz des bisherigen Regierungschefs Mario Monti kam nur auf etwa zehn Prozent.

Damit kann Bersani mit einer komfortablen Mehrheit im Abgeordnetenhaus rechnen: Das italienische Wahlrecht sieht vor, dass die Wahlallianz mit den meisten Stimmen - unabhängig von ihrer Stimmenzahl - 55 Prozent der Sitze im italienischen Unterhaus erhält.

Anders sieht es im Senat aus. Dort kommt Bersanis Bündnis nach Auszählung der Hälfte der Wahllokale auf 32,9 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz folgt demnach Berlusconis Bündnis mit 29,2 Prozent. Grillos Bewegung kommt im Oberhaus auf 24 Prozent, Montis Allianz auf 9,2. Prognosen hatten zunächst eine Mehrheit der Sitze für Bersanis Bündnis vorhergesagt, erste Hochrechnungen ergaben dann eine knappe Führung für Berlusconi und seine Verbündeten.

Womöglich Neuwahlen

Wegen des komplizierten Wahlrechts bedeutet ein Sieg bei den abgegebenen Stimmen im Senat nicht automatisch die Mehrheit der Sitze. Eine große Rolle spielen die Ergebnisse der einzelnen Regionen. Nachwahlbefragungen zeigten, dass das Mitte-links- und das Mitte-rechts-Bündnis in der möglicherweise entscheidenden Region Lombardei Kopf an Kopf lagen.

Eine stabile Regierung ist nur garantiert, wenn eines der Lager die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments erringt. Falls Bersani keine Mehrheit im Senat erreicht, müsste er sich einen Koalitionspartner suchen.

Dass man das Krisenland so womöglich nicht regieren könne und es schon bald wieder Neuwahlen geben müsse, das beklagten Enrico Letta und Stefano Fassina von Bersanis Partei PD (Demokratische Partei) bereits nach den ersten Hochrechnungen. „Mit dem Ergebnis hat das Land große Probleme“, so Fassina zur unklaren Situation, dem Debakel Montis und dem so spektakulären Grillo-Coup.

Der Ausgang der zweitägigen Wahlen war auch in den anderen EU-Staaten mit Spannung erwartet worden. Brüssel sowie die Finanzmärkte hatten befürchtet, dass bei einem Wahlsieg Berlusconis die Schuldenkrise wieder aufflammen könnte. Der ehemalige Regierungschef hatte im Wahlkampf massive Steuererleichterungen versprochen. Bersani kündigte dagegen an, den Reformkurs der bisherigen Regierung fortzusetzen. Monti hatte Italien einem harten Sparkurs unterworfen, der zuletzt viele Menschen zu Protesten trieb. Profitieren von der Unzufriedenheit konnte offensichtlich Grillos Protestbewegung.

Immerhin hängt noch etwas von dieser Parlamentswahl ab: Bis Mai müssen die Parlamentarier einen neuen Staatschef wählen - Giorgio Napolitanos Amtszeit endet dann. Jetzt müssen die Politiker erst einmal sehen, wer mit wem überhaupt auskommen kann. Denkbar schien immer eine Art Große Koalition, die einige Reformen abhakt und ein besseres Wahlsystem schafft, um dann erneut zum Wählen aufzufordern.

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