Anschlag von Boston: Spielzeug und Feuerwerk

Die Sprengsätze wurden offenbar aus frei erhältlichen Alltagsgegenständen gebaut. Die Eltern der Attentäter reisen zur Unterstützung der Ermittlungen in die USA.

Kleine Fahne am Ort des Anschlags in Boston. Bild: ap

WASHINGTON/MOSKAU rtr/dpa | Die Bombenexplosionen beim Anschlag auf den Marathon von Boston wurden mit Hilfe einer Fernbedienung ausgelöst, die in Spielzeugautos verwendet wird. Das berichteten US-Ermittler am Mittwoch vor einem Parlamentsausschuss, wie Abgeordnete anschließend sagten.

Die Bauanleitung zu den Sprengsätzen sollen die beiden mutmaßlichen Attentäter demnach im Islamistenmagazin „Inspire“ gefunden habe, das im Internet von der Gruppe al-Qaida im Jemen verbreitet wird. Der Sprengstoff stamme aus einem Geschäft für Feuerwerkskörper in New Hampshire.

Die Eltern der mutmaßlichen Boston-Attentäter wollen am heutigen Donnerstag zur Unterstützung der Ermittlungen von Russland in die USA reisen. Das sagte der Vater Ansor Zarnajew der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.

Die Reise sei bei Gesprächen der Eltern mit US-Diplomaten am Mittwoch in Machatschkala, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Dagestan, vereinbart worden, hieß es. „Die Eltern haben sich damit einverstanden erklärt, sie werden in die US-Ermittlungen einbezogen“, zitierte die Agentur einen namentlich nicht genannten Polizeivertreter.

Ansor Zarnajew bestätigte das Treffen in Machatschkala. Zuvor habe er bereits telefonisch Kontakt zu den US-Diplomaten gehabt, sagte er Ria Nowosti. Seine Frau Subeidat Zarnajewa war den Berichten zufolge am Dienstagabend in Dagestan eingetroffen.

Schon länger verdächtig

Der aus einer tschetschenischen Familie stammende Tamerlan Zarnajew und sein jüngerer Bruder Dschochar sollen den Anschlag auf den Marathon verübt haben. Dabei starben vergangene Woche drei Menschen, mehr als 260 wurden verletzt. Tamerlan Zarnajew stand vorübergehend im Visier der US-Bundespolizei FBI, nachdem Russland Hinweise auf dessen islamistische Überzeugungen gegeben hatte.

Das FBI unterzog den Verdächtigen einer Überprüfung, die aber keine terroristische Bedrohung ergeben habe. Aus Kreisen des US-Justizministeriums verlautete, viele Tipps der russischen Behörden seien unbrauchbar, weil deren Verdächtigenlisten auch die Namen von Menschenrechtsaktivisten und politische Dissidenten enthielten.

Auch der US-Geheimdienst CIA soll Zarnajew schon länger im Visier gehabt haben, berichtete die New York Times. Demnach hatte die CIA nach einer Anfrage russischer Behörden bereits 2011 ein Auge auf Zarnajew geworfen. Russland hätte befürchtet, dass es sich bei Zarnajew um einen zunehmend radikalisierten Islamisten handle. Doch wie bereits das FBI sei auch die CIA zum Schluss gekommen, dass er keine Verbindungen zu terroristischen Gruppen habe.

Dennoch sei Zarnajews Name auf zwei US-Terrorlisten gekommen, die dazu dienten, die Regierung bei Auslandsreisen zu alarmieren, hieß es. Wie sich mittlerweile zeige, hätten russische und amerikanische Geheimdienste mindestens viermal Kontakt wegen Zarnajew aufgenommen, bevor dieser für sechs Monate nach Russland gereist sei. Nach seiner Rückkehr in die USA sei aber nicht weiter ermittelt worden.

Als eine Art Vorsichtsmaßnahme hatte die CIA Zarnajew in die Datenbank TIDE einfügen lassen, aus der andere Terrorlisten der Regierung gespeist werden. Auch andere Behörden wie das FBI seien informiert worden. Demnach hat der Eintrag aber verschiedene Schreibweisen von Zarnajews Namen sowie unterschiedliche Geburtsdaten beinhaltet. Das System schlug jedoch nicht Alarm, als Zarnajew im Januar 2012 nach Dagestan und Tschetschenien reiste. Grund war laut Zeitungsbericht die fehlerhafte Schreibweise seines Namens und die falschen Geburtsdaten, die von den Russen vorgegeben und von den Amerikanern entsprechend verwendet worden waren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.