Kommentar NPD-Demo in Berlin: Nazis laufen – unerhört

Für die Polizei war der friedliche Verlauf von NPD-Demo und -Gegendemo ein Erfolg. Auch die Gegendemonstranten können stolz sein.

Die Polizei entfernt eine Betonpyramide, mit der Gegendemonstranten den NPD-Aufzug in Berlin-Schöneweide verhindern wollten. Bild: dpa

Mehrere Tausend Menschen sind am Mittwoch nach Schöneweide gekommen, um gegen den NPD-Aufmarsch zu protestieren. Sie waren bunt. Sie waren laut. Und sie waren viele. Aber war der 1. Mai in Schöneweide deshalb auch ein Erfolg? Sagen wir so: Es kommt drauf an für wen.

Unbestreitbar erfolgreich war die Polizei. Berlins neuer Polizeipräsident Klaus Kandt hatte anders als in den Vorjahren die Demoroute der Nazis vorab bekanntgegeben – und sie dennoch schützen können, ohne brutal Gegendemonstranten aus dem Weg prügeln zu müssen. Nicht einmal die vier Blockierer, die sich in einer Betonpyramide auf der Route angekettet hatten, stellten die Polizei vor große Probleme. Die Nazis konnten marschieren. Das mag man doof finden, aber das war in diesem Fall die Aufgabe der Polizei.

Mag sein, dass die Nazis ihr frei laufendes Demonstratiönchen jetzt auch als Erfolg feiern. Tatsache aber ist: schlappe 400 Teilnehmer in einem Kiez, in dem Rechtsextreme sich zu Hause fühlen, das ist nicht mal mehr lächerlich.

Bleiben die Gegendemonstranten: Wer gehofft hatte, die Nazidemo tatsächlich zu verhindern, musste enttäuscht nach Hause gehen. Dafür waren es diesmal zu wenig. Vor allem fehlten prominente Bartträger, die sich wie einst Wolfgang Thierse auf die Straße setzten. Trotzdem wurde erneut gezeigt, dass Rechtsextreme nicht ohne Widerworte ihren Mist rausposaunen können. Und dass ihnen auch das nur auf menschenleeren Straßen gelingt. Darauf können alle Teilnehmer der Gegenproteste ein bisschen – ja, genau – stolz sein. Denn auch das Wort Stolz gehört nicht den Nazis.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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