Ich bin auch noch da!

HACKER Neues von Wikileaks-Kopf Julian Assange: Ein Buch. Voller alter Diskussionen

Das Anti-Piraterie- Abkommen Acta ist schon längst Geschichte – und so wirkt die Diskussion altbacken

Es ist alles katastrophal – und wird ab jetzt immer schlimmer. Das ist die Kurzzusammenfassung des neuen Buches von Julian Assange, in dem er mit drei Mitstreitern über das Internet spricht. Über Komplettüberwachung und immer weniger Freiheiten, über Zensur, staatliche Kontrolle und die Kryptografie als einzigen Ausweg.

Im Sommer 2012 hatten sich vier prominente Hacker in Assanges britischem Hausarrest-Domizil versammelt und für seine Sendung im russischen Fernsehen ausführlich diskutiert: der US-Hacker Jacob Appelbaum, der ehemalige Sprecher und Vorstand des Chaos Computer Clubs (CCC), Andy Müller-Maguhn, und der französische Internet-Freiheitsaktivist Jérémie Zimmermann. Ein Gespräch unter intelligenten Misstrauischen, abgetippt, übersetzt und mit ein wenig Hintergrund – fertig ist das Buch „Cypherpunks“.

Nun ist es ja derzeit in der Branche recht schick, aus ein paar Gesprächen von halbwegs Prominenten Bücher zu stricken. Dalai Lama und Stéphane Hessel, zu Guttenberg und di Lorenzo, und nun eben Julian Assange und seine Hacker-Kumpels. Wenn die Namen nur bekannt genug sind, wird’s schon irgendwer kaufen. Nur: Lohnenswerter als die Lektüre wäre es, sich einfach die Videos des Gesprächs anzusehen. Die stehen seit Juni 2012 im Netz. Dort fehlen zwar Erläuterungen und Fußnoten, aber Einsteiger werden an dem Buch ohnehin wenig Freude haben – zu sehr gefallen sich die vier Hacker in ihrem Bescheidwissertum, zu locker hüpft das Gespräch von chinesischen Überwachungsschnittstellen bis zur Digitalwährung Bitcoin. Wer Thema und Protagonisten schon ein wenig kennt, dürfte sich hingegen schnell langweilen. Zu selbstgefällig und erwartbar ist die Weltsicht der Hacker: Wirtschaft und Staaten sind böse, die paar Hacker, die sich gegen sie stellen, heldenhaft. Und der Rest der Bevölkerung ahnungslos. Zwischentöne? Unerwünscht.

Hinzu kommt: Neun Monate ist im Netz eine sehr lange Zeit. Das Anti-Piraterie-Abkommen Acta ist schon längst Geschichte – und die Diskussion der vier darüber altbacken. Trotzdem ist die Veröffentlichung nur logisch. Geht es doch um Öffentlichkeit, um Aufmerksamkeit – egal, wie angestrengt das Buhlen darum wirkt. Denn sie ist wahrscheinlich das Letzte, was ihn in seinem Exil in der ecuadorianischen Botschaft von London überhaupt noch schützt. MLA

■ Julian Assange: „Cypherpunks“. Campus Verlag, Frankfurt/Main 2013, 200 Seiten, 16,99 Euro