Vor Gericht in Argentinien: Ex-Präsident Menem verurteilt

Weil er in den 90er Jahren gegen Schmiergeld Waffen nach Kroatien und Ecuador liefern ließ, soll der damalige Präsident Menem für 7 Jahre ins Gefängnis.

Carlos Menem, Staatspräsident Argentiniens von 1989 bis 1999, bestreitet, vom illegalen Waffendeal gewusst zu haben. Bild: AP

BUENOS AIRES taz | Argentinischen Ex-Präsidenten kann die Justiz doch an den Kragen gehen. Der frühere Präsident Carlos Menem wurde jetzt wegen illegaler Waffenexporte zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Ein Strafgericht in der Hauptstadt Buenos Aires befand den 82-Jährigen für schuldig, Anfang der 90er Jahre trotz UN-Embargos die Lieferung von Rüstungsgütern an Kroatien und Ecuador gebilligt zu haben. Sein damaliger Verteidigungsminister und Mitangeklagter Oscar Camilión wurde zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, zehn weitere Mitangeklagte erhielten Haftstrafen zwischen jeweils vier und fünf Jahren.

Das Gericht belegte die zehn zudem mit einer Geldstrafe von insgesamt rund 900.000 Dollar. Das entspricht dem damals geflossenen Schmiergeld. Während die elf Verurteilten ihre Haftstrafen unmittelbar antreten müssen, bleibt Menem jedoch vorerst weiter auf freiem Fuß.

Mit drei geheimen und von Menem unterzeichneten Dekreten wurde der Schmuggel in der Zeit von 1991 bis 1995 auf den Weg gebracht. Sieben Schiffe brachten die Kriegsware damals nach Kroatien, Ecuador wurde von drei Transportflugzeugen beliefert. Bei den Lieferungen handelte es sich um rund 6.500 Tonnen Kriegsmaterial, darunter Anti-Panzer-Raketen, Gewehre und Munition.

Waffenlieferungen falsch deklariert

Offiziell waren die Waffen als Lieferungen für Venezuela und Panama deklartiert, und Menem gab zu, entsprechende Exportgenehmigungen unterzeichnet zu haben. Er habe jedoch nicht gewusst, dass die Waffen in Wirklichkeit für Kroatien und Ecuador bestimmt waren.

Die Vereinten Nationen hatten wegen des Kroatien-Krieges (1991-1995) nach dem Zerfall Jugoslawiens ein Embargo für Rüstungslieferungen verhängt. Wegen eines blutigen Grenzkonflikts zwischen Ecuador und Peru 1995 wurden auch Waffenlieferungen in diese Länder untersagt.

Bei dem Fall handelt es sich jedoch nicht nur um Waffenschmuggel. Um Spuren zu verwischen, wurde 1995 die in der westargentinischen Stadt Río Tercero gelegenen Waffen- und Munitionsfabrik ‚Fábrica Militar de Río Tercero‘in die Luft gejagt. Bei der gewaltigen Explosion in einem Siedlungsgebiet wurden sieben Menschen getötet und Hunderte verletzt. Dieser Vorfall war jedoch nicht Teil des Prozesses.

Menem war in einem ersten Verfahren im September 2011 vom selben Strafgericht freigesprochen worden. Im März 2013 hatte das Bundeskassationsgericht den Freispruch aufgehoben und das Gericht zur Verhängung eines Strafmaßes aufgefordert.

Fall noch nicht abgeschlossen

Der Fall zieht sich bereits seit 18 Jahren hin. Nachdem die Presse den mutmaßlichen Skandal aufgedeckt hatte, wurde 1995 erstmals Anzeige gegen Carlos Menem erstattet. Vier Jahre später konnten die Waffenlieferungen an Kroatien bewiesen werden. Doch erst im Juli 2001 eröffnete der zuständige Richter das Verfahren und stellte Menem unter Hausarrest. Sechs Monate saß der Ex-Präsident daraufhin in einem Landhaus bei Buenos Aires fest. 2008 wurde der Prozess eröffnet.

Mit dem jetzigen Schuldspruch ist der Fall aber noch nicht abgeschlossen. Menem kann vor dem Obersten Gerichtshof Berufung gegen der Schuldspruch eingelegen und es wird erwartet, dass er das auch tut. Der Schuldspruch hat jedoch einen hohen symbolischen Stellenwert. Mit ihm wurde erstmals der hiesige Fatalismus durchbrochen, dass ehemals demokratisch gewählte Präsidenten wegen illegaler Taten im Amt von der Justiz nicht zur Rechenschaft gezogen werden und straffrei bleiben.

Menem ist der erste Ex-Präsident, der wegen Unregelmäßigkeiten im Amt in Argentinien verurteilt wurde. Der heute 82-jährige war von 1989 bis 1999 Staatspräsident. Derzeit ist er bis 2017 gewählter Senator seiner Heimatprovinz La Rioja. Damit genießt er Immunität, die ihn vor einer sofortigen Inhaftierung bewahrt. Das Gericht hat jedoch die Aufhebung der Immunität beantragt. Sollte er die Strafe tatsächlich einmal verbüßen müssen, würde er wegen seines hohen Alters erneut unter Hausarrest gestellt werden.

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