Spreepark: Zurück auf Anfang

Die Zwangsversteigerung der alten Vergnügungsparks wird abgebrochen, weil ein unbekannter Bieter zu hoch pokert – und der Liegenschaftsfonds den Zuschlag will.

Chillen im Spreepark mit Dinosaurier Bild: DPA

Die Natur darf sich noch länger ein Stück Stadtraum im Spreepark zurückholen. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechtsvertrages für den einstigen Vergnügungspark ist am Mittwoch vor dem Amtsgericht Köpenick abgebrochen worden, ohne dass ein Bieter den Zuschlag bekam. Zwei Interessenten warfen ihre Angebote in den Ring: Der landeseigene Liegenschaftsfond, dem das Grundstück gehört und der mit dem Erbbaurechtsvertrag die Verfügungsgewalt darüber zurückerlangen will. Zweiter Bieter war eine erst im Juni gegründete Privatfirma, die SP Kultur und Freizeitpark gmbH.

Eineinhalb Stunden lang gaben sich beide Bieter im mit 150 Stehplätzen prall gefüllten Gerichtssaal ein Gebotsduell. Der Liegenschaftsfonds begann mit 810.000 Euro und hörte auf zu bieten, als die SP Kultur und Freizeitpark GmbH 2,481 Millionen Euro auf den Tisch legen wollte. Das ist deutlich mehr als der Verkehrswert des Grundstücks, den das Gericht mit 1,6 Millionen Euro veranschlagte. Das Privatunternehmen hätte mit dem höchsten Gebot eigentlich den Zuschlag bekommen müssen – das verhinderte aber das Finanzamt Treptow-Köpenick. Es beantragte die Aussetzung des Verfahrens. Dazu war es berechtigt, weil es die Zwangsversteigerung auch beantragt hatte. In spätestens sechs Monaten, so verkündete es die Richterin, kann es die zweite Runde geben.

Die Reaktionen waren unterschiedlich. „Das stinkt zum Himmel“, sagte Gerd Emge, dessen Wachschutzunternehmen den Spreepark seit einigen Jahren bewacht und vermarktet. Die linke Wirtschaftsspezialistin Jutta Matuschek, die im Gerichtssaal anwesend war, lobte hingegen das Land Berlin. „Ich habe Verständnis für den Antrag des Finanzamtes, das Verfahren abzubrechen. Damit hat es verhindert, dass eine völlig unbekannte Firma, von der wir weder das Konzept noch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kennen, den Zuschlag bekommt.“ Für die Senatsverwaltung für Finanzen erklärt deren Sprecherin Kathrin Bierwirth: „Das Finanzamt Treptow-Köpenick hat in Absprache mit der Senatsverwaltung für Finanzen die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung erwirkt.“ Die dadurch gewonnene Zeit wolle die Exekutive nutzen, sich mit dem Abgeordnentenhaus abzustimmen, um auf Augenhöhe mit privaten Bietern weiter zu verhandeln.

Neben der Zwangsversteigerung kommt theoretisch auch ein Verkauf des Erbbaurechtes in Betracht. Allerdings muss in diesem Fall der Käufer sämtliche Schulden der insolventen Spreepark GmbH schultern. Das sind knapp 30 Millionen Euro bei einem Verkehrswert von 1,6 Millionen. Seit 2001 zogen sich alle Interessanten angesichts der Summe zurück.

Die SP Kultur und Freizeitpark GmbH wurde laut Handelsregister Ende Juni gegründet. Als Unternehmenszweck ist angegeben: „Betrieb einer Veranstaltungsstätte (…) Verkauf von (…) Getränken nebst Speisen (…) der Betrieb von kulturell hochwertigen (…) Veranstaltungsstätten, der Betrieb eines Kinos, einer Galerie, eines Theaters sowie eines angeschlossenen Hotels.“ Geschäftsführer Carlo Fleischmann ist kein Unbekannter. Der Mitvierziger ist Festivalveranstalter, vermarktet Musiker und Profifußballer. Treptow-Köpenicks Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) kennt die von ihm ebenfalls betriebene Firma Creative Talent. „Deren Mitarbeiter haben sich in unserem Amt nach den planungsrechtlichen Möglichkeiten für das Gelände erkundigt.“

Die Reaktion der Bürgerinitiative pro Plänterwald war eher skeptisch. „Von einem ernsthaften Interessenten hätte ich erwartet, dass er vorab sein Konzept mit den Nachbarn diskutiert“, sagt Sprecher Erhard Reddig. Bleibt die Initiative „Bürgerpark im Plänterwald“, die für den Spreepark via Crowdfunding den Kaufpreis eintreiben will: „Uns kommt die Vertagung entgegen, wir brauchen Zeit, um ein Konzept zu entwickeln und Geld für eine Bürgerstiftung aufzutreiben“, sagt Sprecher Nils Sautter. Den Initiatoren schwebt eine ökologische Nutzung vor, sie haben Kontakte zu einer privaten Hochschule für Permakultur geknüpft, die vor Jahren auf das Areal wollte. Sauter: „Die hohen Gebote schrecken uns nicht ab. Aber wir müssen mit dem Land Berlin über die Pachthöhe verhandeln.“

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