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Lieber eine normale Mama

KIND Wie es sich mit einer lesbischen Mutter lebt

Ich bin der Sohn einer lesbischen Mama. Ich finde das doof. Ich hätte viel lieber eine normale Mama. Die Lesben sind cool, sagt meine Mama. Was ich hasse, ist, wenn sie mit einer anderen Frau nach Hause kommt. Ich habe dann immer Angst, dass mein Freund mich besuchen will.

Ich musste gerade eine Hausarbeit über meine Familie schreiben. Praktisch war, dass ich nur die Hälfte machen musste, weil ich nicht weiß, wer mein Papa ist. Doof war, dass mich die Lehrerin fragte, warum ich nicht über ihn geschrieben habe. Ich kenne den Mann nicht, der meiner Mama seinen Samen gespendet hat.

Ich finde das ganz okay und denke, dass es etwas Besonders ist, dass ich nur eine Mama habe. Ich kenne ein anderes Kind von diesem Mann, der seinen Samen gespendet hat. Manchmal weiß ich nicht, was ich sagen soll, wenn mich einer fragt, ob ich Geschwister habe. Eigentlich ist das Mädchen meine Halbschwester, und manchmal machen wir auch was zusammen. Wir streiten uns auch, aber es macht Spaß, großer Bruder zu sein.

Früher war es schwierig, wenn jemand gefragt hat, was mit meinem Vater ist. Heute kann ich es erklären. Mein bester Freund weiß auch nicht, wer sein Vater ist. Wenn ich keine Lust habe, zu erklären, warum ich keinen Vater habe, dann schicke ich die Leute zu meinem Freund. Er macht das umgekehrt auch manchmal so. Meine Freunde dürfen nicht wissen, dass meine Mama lesbisch ist. Bei uns in der Schule beschimpfen sich die Kinder mit den Wörtern „schwul“ und „lesbisch“. Also wäre es mir peinlich, wenn es einer wüsste. Ich selbst habe eigentlich nichts gegen Lesben. Die, die ich kenne, sind ganz in Ordnung.

Ich sage meiner Mama immer, dass sie nicht über Lesben reden soll, wenn meine Freunde kommen. Ich habe auch keine Lust, auf Wanderungen zu gehen mit anderen Lesben und ihren Kindern oder zum CSD. Mir wäre es egal, wenn mir einer meiner Freunde sagen würde, dass er schwul ist, aber ich selbst bin lieber nicht schwul.

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