Rücktritt am Puschkin-Museum: Die Hüterin der Trophäen

Nach 52 Jahren im Amt: Irina Antonowa tritt als Direktorin des Moskauer Puschkin-Museums zurück. Bekannt wurde sie als Verteidigerin russischer Beutekunst.

Sie war mutig, wenn es um Kunst ging, die in der Sowjetunion als dekadent galt: die Museumsdirektorin Irina Antonowa (Archivaufnahme 2012). Bild: Martin Schutt/ dpa

Sie hat die Verschleppung von Kunstwerken aus Deutschland nach dem Krieg durch die von Stalin beauftragte Rote Armee immer verteidigt. Denn Irina Antonowa sah darin eine moralische Kompensation für die Gräueltaten der Deutschen in ihrem Land.

Trotzdem hat sie die sogenannte Trophäenkunst Jahrzehnte lang versteckt. Erst als die DDR kein Bruderstaat mehr war, ließ sie sich ein wenig in die Bücher, besser in die Depots, schauen. Seit 1996 zeigt ihr Museum die Dauerausstellung „Der Schatz des Priamos“ mit dem Fund, den Heinrich Schliemann 1973 in Troja entdeckt hatte.

Seit 1961, also seit 52 Jahren, stand Irina Antonowa dem Puschkin Museum in Moskau als Direktorin vor. Mit 91 Jahren übergibt sie jetzt dessen Leitung an die Galeristin und Kunsthistorikerin Marina Loschak. Gerüchten zufolge steht ihr Abgang mit dem Eklat beim Besuch der Bundeskanzlerin in Petersburg im Juni in Zusammenhang.

Bei der Eröffnung der Schau „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in der Eremitage sprach Angela Merkel das Thema Beutekunst an, denn rund 600 Exponate, darunter der Schatz von Eberswalde, der größte vorgeschichtliche Goldfund in Deutschland, sind Kriegstrophäen. Gastgeber Wladimir Putin hatte zuvor versucht, ihr Grußwort zu verhindern.

Berliner Kindheit um 1929

Als Kind lebte Antonowa von 1929 bis 1933 in Berlin, wo ihr Vater Diplomat an der sowjetischen Botschaft war. Während des Krieges arbeitete sie als Krankenschwester. 1945 machte sie dann ihren Abschluss als Kunsthistorikerin an der Moskauer Lomonossow-Universität. Als Museumsdirektorin wurde sie 1981 mit der Ausstellung „Paris-Moskau“, die die Tretjakow-Galerie nicht zu zeigen wagte, international bekannt. Schon in den 1970er Jahren holte sie die in der Sowjetunion als dekadent bezeichneten Impressionisten aus den Magazinen.

Ihr jüngster museumspolitischer Vorstoß allerdings, die Postimpressionisten der kriegsbedingt zwischen Eremitage und Puschkin Museum aufgeteilten Sammlungen Morosow und Schtuschukin wieder in Moskau zusammenzuführen, blieb erfolglos. Nun wird sie Ehrenpräsidentin ihres Hauses, ein Posten, der eigens für sie geschaffen wurde.

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