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Archiv-Artikel

RWE bleibt wetterfühlig

Der Essener Energiekonzern RWE will von einer Haftungspflicht für die Stromausfälle im Münsterland nichts wissen. Es habe sich um eine nicht vorhersehbare Naturkatastrophe gehandelt

VON ELMAR KOK

Der Energiekonzern RWE hat für die Stromausfälle, die vor rund eineinhalb Wochen das halbe Münsterland lahmlegten, jegliche Verantwortung abgelehnt. Auf einer Pressekonferenz gestern in Essen sagte der Vorstandschef von RWE Energy, Berthold Bonekamp, die Stromausfälle seien „auf die Naturkatastrophe zurückzuführen“. Sein Unternehmen habe sich auch nicht auf ungewartete, überalterte Strommäste verlassen, so Bonekamp weiter: „Keiner der in Mitteleuropa verwendeten Masten hätte nach unserer Berechnung diesen Belastungen durch Schnee, Eis und Wind standgehalten.“

Bonekamp trat zudem Vorwürfen entgegen, der Konzern habe nicht genügend Geld in die Pflege seiner Stromnetze investiert. Die von den Unwetterschäden betroffene RWE-Tochter RWE Westfalen Weser Ems gebe in diesem Jahr rund 300 Millionen Euro für Wartung und Erneuerung des Stromnetzes aus, sagte er. Zuvor hatte der Bund der Energieverbraucher kritisiert, die Stromversorger hätten die Netzinvestitionen seit Jahren zurückgefahren, um ihre Gewinne zu maximieren.

Die RWE-Spitze betonte hingegen, dass sie ihre Stromnetze seit 2003 durch eine betriebseigene Servicegesellschaft warten ließen. Die Trennung hatte der Gesetzgeber im Rahmen der Liberalisierung des Strommarktes angeordnet. Jeder Mast werde alle fünf Jahre komplett bestiegen und untersucht. Zusätzlich ermittele das Unternehmen per Hubschrauber eventuelle Schäden an Seilen und Isolatoren.

Bevor der Konzern für die Stromausfälle vorschnell verurteilt werde, mahnte Bonekamp, müsse die Überprüfung der Stromausfälle durch unabhängige Gutachter abgewartet werden. Das Unternehmen hat eine solche Untersuchung angekündigt.

Dennoch kann sich die nordrhein-westfälische Energieministerin Christa Thoben (CDU) vorstellen, dass der RWE-Konzern für die Stromausfälle mehr ausgeben muss als die fünf Millionen Euro, die der Konzern über einen so genannten Härtefall-Fonds an betroffene Firmen und Landwirte auszahlen will. Gestern sagte die Ministerin, die Frage der Haftung könne für den Konzern anstehen, wenn sich herausstellen sollte, dass RWE schon länger von den Mängeln in seinem Stromnetz gewusst habe.

Angeblich sollen Konzern-Ingenieure den Vorstand des Unternehmens schon vor fünf Jahren vor brüchigen Masten gewarnt haben. Allerdings sind während des Schnee- und Eiswetters in Gronau, Ochtrup und Umgebung nicht nur die Masten aus so genanntem Thomas-Stahl umgeknickt, sondern auch neuere aus einer anderen Stahlsorte. Thomas-Stahl wurde für den Mastbau bis in die Mitte der sechziger Jahre verwendet und gilt als porös und brüchig. Bei regelmäßiger Wartung hält jedoch auch Thomas-Stahl mehrere Generationen – auch der Pariser Eiffelturm wurde aus diesem Werkstoff gefertigt.