Zweiter Anlauf für Konversionsprojekt: Fregatten zu Wohnungen
Das größte Tourismusvorhaben Norddeutschlands, Port Olpenitz, ist angeblich gerettet. Ein neuer Investor will den 500-Millionen-Euro-Plan realisieren.
HAMBURG taz | Der Anker liegt immer noch im Hafenbecken. Versenkt wurde er zum Baubeginn, begleitet von warmen Worten des damaligen Ministerpräsidenten: „Der Tourismusstandort Schleswig-Holstein erreicht internationale Spitzenklasse“, schwärmte Peter Harry Carstensen (CDU) vor fast genau vier Jahren, am 9. Oktober 2009 in Port Olpenitz. Viel mehr ist seitdem nicht passiert beim „wichtigsten Konversionsprojekt des Landes“. Doch nun will ein neuer Investor ernst machen mit dem Plan, Fregatten zu Ferienwohnungen zu machen. Zweifel aber bleiben.
Das Ferienimmobilien-Unternehmen Helma aus dem niedersächsischen Lehrte hat die acht Bauabschnitte des Freizeitprojekts erworben, wie der Insolvenzverwalter, der Berliner Rechtsanwalt Rainer Eckert, mitteilte. Über den Kaufpreis sei Schweigen vereinbart worden. Jetzt solle die Vermarktung und Entwicklung weiter vorangetrieben werden. Anfang 2012 war über die Port Olpenitz GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Helma hatte bereits vor einem Jahr auf einer Teilfläche mit der Errichtung von 24 luxuriösen „weißen Strandvillen Port Olpenitz“ begonnen und will nun den gesamten „Ferienpark in einmaliger Lage realisieren“, kündigt Geschäftsführer Per Barlag Arnholm an: „Diese Lage zwischen einem Hafen, der Schlei und der Ostsee gibt es an der gesamten Ostseeküste Deutschlands kein zweites Mal und macht sie deshalb so einzigartig.“
Olpenitz gehört zur Kleinstadt Kappeln an der Schlei, die durch die ZDF-Serie "Der Landarzt" und die alljährlichen Heringstage einen gewissen Bekanntheitsgrad errungen hat.
Der Stützpunkt: Das etwa 160 Hektar große Gelände mit Hafenbecken und Kasernen war von 1964 bis 2006 ein Stützpunkt der Deutschen Marine.
Der Arbeitsplatz: Mit bis zu 1.850 Soldaten und 450 Zivilbeschäftigten war Olpenitz jahrzehntelang einer der größten Arbeitgeber der Region.
Der Plan: Eine Investorengemeinschaft um den Mecklenburger Architekten Harm begann 2006 mit der Planung für ein Feriendorf mit mehr als 1.000 Häusern, mehreren Hotels, Yachthäfen, Schwimmhalle, Golfplatz und - auch das - einer Skihalle.
Das Kerngeschäft des Unternehmens besteht aus Planung, Bau und Vertrieb von Ferienhäusern und -wohnungen an der deutschen Ostseeküste, bisher vor allem auf Rügen. Voraussetzung sind beliebte Ferienregionen mit landschaftlich reizvoller Umgebung, in denen „unseren Kunden attraktive und gleichzeitig renditestarke Ferienobjekte“ angeboten werden sollen, wie es auf der Helma-Website heißt.
Im Rat der Stadt Kappeln, zu der Olpenitz gehört, sind jedoch auch skeptische Stimmen zu hören. Mehrheitlich hatte sich die Ratsversammlung für die Kieler Planet-Haus AG als Investor ausgesprochen, der Insolvenzverwalter und die Gläubiger entschieden jedoch anders. Jetzt wollen die Lokalpolitiker aufpassen, dass frühere Fehler nicht wiederholt werden.
Er habe „extreme Bauchschmerzen, fast schon Magenkrämpfe“, klagt der Ratsherr Christian Andresen vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) in der Lokalzeitung Schlei-Bote. Helma habe erklärt, alle Verträge zu übernehmen, als ob das überhaupt kein Problem sei. „Wieso ist dann Port Olpenitz zuvor pleite gegangen?“, fragt Andresen.
Port Olpenitz ist das größte Konversionsprojekt in Schleswig-Holstein, in dem jahrzehntelang militärisch genutzte Flächen und Gebäude zivil verwendet werden sollen. Seit 2006 hat die Bundeswehr fast 30 große Standorte in Norddeutschland aufgegeben: Kasernen zumeist, aber auch Flugplätze und Häfen.
Der Plan für Olpenitz sah vor, die frühere Marinebasis zum weltweit größten private Hafen umzubauen. Auf mehr als 90 Hektar Land- und etwa 66 Hektar Wasserfläche sollte ein 500 Millionen Euro teures Ferienresort errichtet werden. Neben rund 1.000 Ferienhäusern und mehreren Hotels und Restaurants waren Geschäfte, ein Schwimmbad, Freizeiteinrichtungen, Badestrände und eine Marina mit 2.500 Liegeplätzen geplant. Das erste Ferienhaus war Ende 2010 an die Besitzer übergeben worden, die letzten zehn im Juni 2011. Seither herrscht Ruhe.
Zuvor war es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Investoren, dem Immobilienunternehmer Jaska Harm und der texanischen Gesellschaft American Reality Investors, gekommen. 2011 schied Harm, der zehn Prozent der Anteile hielt und der ursprüngliche Ideengeber für das Projekt war, als Geschäftsführer aus. Insolvenzverwalter Eckert bezifferte kurz darauf nach erster Prüfung der Unterlagen die Verbindlichkeiten der Baugesellschaft auf mehr als 27 Millionen Euro.
Aus dem Kieler Wirtschaftsministerium, damals noch CDU-geführt, verlautete dennoch „vorsichtiger Optimismus, das Projekt zu einem guten Ende führen zu können“. Jetzt, unter SPD-Regie, hofft das auch für Tourismus zuständige Ministerium nur noch auf „positive Impulse für die Region“.
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