Kommentar IGS: Schön gerechnet, schlecht geplant

Die Internationale Gartenschau endet mit einem verheerenden Besucherminus. Noch verheerender sind aber die Erklärungsversuche.

Es sind, glaubt man den Verantwortlichen, unvorhersehbare Ereignisse, die den Erfolg der Wilhelmsburger Gartenschau mit Naturgewalt zerstörten. Zum einen konnte wirklich niemand damit rechnen, dass es in Hamburg tatsächlich einige Wochen lang regnen könnte. Dass ein anschließender Jahrhundertsommer der Gartenschau beste Voraussetzungen lieferte, fiel dann nicht mehr ins Gewicht.

Zum zweiten – ebenso völlig unvorhersehbar – gab es in Hamburg während der IGS einen Hafengeburtstag und einen Kirchentag, die Besucher kosteten. Zum Dritten mokierten sich die bösen Medien über hohe Eintrittspreise für die Gartenschau – denn nicht die hohen Preise selbst, sondern allein die „Preisdiskussion“ ist für IGS-Chef Baumgarten an dem Besucherflop schuld.

Diese drei Faktoren, die so überraschend kamen wie Silvester am 31. Dezember, sind die Gründe für den katastrophalen Besucherflop, die die Verantwortlichen nach mehrmonatiger Tiefenanalyse benennen können. Das ist nicht dünn, das ist – mit Verlaub gesagt – erbärmlich. Blauäugig haben die Gartenschau-Planer des schwarz-grünen, wie des SPD-Senats den optimistischen Prognosen der Experten geglaubt, die sie für diese Prognosen bezahlt haben. Sollten sie bei ihren Prognosen Schmuddelwetter, Konkurrenzevents und Kritik an Eintrittspreisen von mehr als 20 Euro tatsächlich nicht eingepreist haben, hätte man ihnen ihre Expertisen beizeiten um die Ohren hauen müssen.

„Wären die richtigen Zahlen prognostiziert worden, hätte es die IGS wohl nie gegeben“, sagt IGS-Chef Heiner Baumgarten und legt damit unfreiwillig den Finger in die Wunde. Denn im Umkehrschluss bedeutet das: Wer ein Millionenprojekt politisch durchsetzen will, muss die Zahlen vorher schönen. Wenn es dann anders kommt, lässt sich nichts mehr stoppen und die Zeche zahlt der Steuerzahler. Die 37 Millionen Euro, die in Wilhelmsburg in den Sand gesetzt worden sind, werden der Bildung und Sozialarbeit, dem Umweltschutz und der Schlaglochsanierung bitter fehlen.

Dass Wilhelmsburg von dieser Entwicklung profitiert, ist da kein Trost. Mit 37 Millionen hätte die Politik viel für den Stadtteil tun können. Die IGS hätte es dafür nicht gebraucht. Doch darüber will Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau nicht sprechen. Sie redet lieber übers Wetter.

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