Anzeigen in SPD-Mitgliederzeitung: Grundwert Kohle
Ein Verein will im „Vorwärts“ eine Anzeige gegen Kohlestrom schalten. Sie wird abgelehnt. Vattenfall wirbt in der gleichen Ausgabe für Lausitzer Braunkohle.

„Ich bin ein Freund der Kohle. Und das bleibe ich auch.“ – Hannelore Kraft. Bild: Staatskanzlei NRW/dpa
Zwischen den folgenden Vorgängen besteht kein direkter kausaler Zusammenhang: Der Vorwärts, die Mitgliederzeitung der SPD, lehnte es in der vergangenen Woche ab, in seiner Dezemberausgabe eine Anzeige des Solarenergie-Fördervereins Deutschland zu drucken, die sich gegen Kohlestrom wendet. In der gleichen Ausgabe erscheint aber eine Anzeige von Vattenfall: „Lausitzer Braunkohle: Partner für den Energie-Mix der Zukunft“ steht da neben einem lächelnden, behelmten Arbeiter.
Die SPD-Verhandlungsführerin für das Thema Energie in den Koalitionsgesprächen, Hannelore Kraft, sagt beispielsweise im WDR Sätze wie: „Ich bin ein Freund der Kohle. Und das bleibe ich auch.“ Es ist maßgeblich ihre Errungenschaft, dass im Koalitionsvertrag, so er kommt, stehen wird, dass Braunkohle und Steinkohle auf „absehbare Zeit unverzichtbar“ sind. Das zitiert auch die Anzeige des Solarvereins.
Wie gesagt, kein kausaler Zusammenhang, weder ist die Vattenfall-Anzeige statt der Anti-Kohle-Anzeige erschienen, noch hat Kraft persönlich etwas damit zu tun. Es ist eher der Geist, der durch die Partei weht: Die SPD positioniert sich als Partei pro Kohle, drückt die Position in einem möglichen Koalitionsvertrag durch, über den allerdings die Basis der Partei, sämtliche Mitglieder also, abstimmen werden – daheim, nicht auf einem Parteitag, wo man noch mit einer feurigen Rede Zweifel, etwa am Kohlekurs, ausräumen kann.
Nun hat der Solarverein in seinem ersten Entwurf der Anzeige neben einem Cartoon des Karikaturisten Gerhard Mester geschrieben, der Klimawandel werde „vor allem durch Braunkohle u. Steinkohle verursacht“, das führe zu „Tausenden von Toten“, und im Fazit heißt es: „Stimmen Sie diesem Koalitionsvertrag mit CDU/CSU nicht zu.“

Bild: Comic: Gerhard Mester
Welcher Grundwert? Kohle?
Entsprechend fiel die schriftliche Absage des Verlags aus: Man könne nicht kurz vor einem Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag in der Mitgliederzeitung der SPD eine Anzeige schalten, in der dazu aufgerufen wird, den Vertrag abzulehnen. Zudem dürfe man keine Anzeigen schalten, die „sozialdemokratischen Grundwerten“ widersprechen. Welcher Grundwert? Kohle?
Ja, das sei alles etwas unglücklich formuliert, sagt eine Sprecherin, aber im Kern sei das ein normaler Vorgang, dass ein Verlag Anzeigen ablehne. Außerdem gebe es noch gar keinen Koalitionsvertrag, die Anzeige sei also inhaltlich nicht korrekt.
Der Solarverein schickte einen zweiten Entwurf. Dort fehlte der Aufruf, den Koalitionsvertrag abzulehnen. Stattdessen schreibt der Verein über die „unverzichtbare“ Kohle: „Als Umweltschutzverein sind wir über diesen Punkt entsetzt.“ Vorwärts lehnt die Anzeige wieder ab. „Auch unser Entsetzen widerspricht den sozialdemokratischen Grundsätzen?“, fragt daraufhin Rüdiger Haude vom Solarverein und wandelt den SPD-Wahlkampfslogan „Das WIR entscheidet“ um in „Die RWE entscheiden“.
Leser*innenkommentare
Axel Schweiss
Gast
SPD geht vorwärts, und RWE geht vorweg
Reiner
Gast
Bei allem geht es um die Interessen der Industrie, um die der Wirtschafts- und Monopolverbände und deren Eigentümer und Vorstände. Ob 'mit' oder 'ohne' geistige Manipulation der dort lohn- bzw. gehaltsabhängig Beschäftigten, gesellschaftspolitische, sozial-ökologische und gewerkschaftliche Passivität ist kein Freifahrtschein für (persönliche) Verantwortungslosigkeit.
Aufwachen! - und sozial-ökologisch-politische Bewegung!
vic
Auch deshalb ist die GroKO der Worstcase. Kein bisschen besser als Schwarz-Gelb.
Hannelore Kohlekraft, schwarz geschminkt. Dies Bild spricht Bände.
Matthias
Gast
Diese Partei schafft sich Stück für Stück selbst ab. Es ist ein Trauerspiel.
Hein
Gast
Das Frau Kraft auf Kohle steht glaube ich ihr unbesehen !