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Kinder der sexuellen RevolutionDas Ende aller Normen

Der Weg vom Kuppeleiparagrafen der grauen fünfziger Jahre zur emotionalen Sexualbeziehung war lang. Und er hat sich gelohnt.

Was ist normal? Diese ängstliche Frage stand irgendwann nicht mehr im Vordergrund. Bild: imago / lars reimann

Den Sex zu befreien – plopp!, wie einen Geist aus der Flasche –, das ist schon eine sehr seltsame Vorstellung. Tatsächlich ist es wohl anders gelaufen. Komplizierter. Nicht gar so heroisch. Dafür aber gesellschaftlich breiter angelegt.

„Man gewinnt den Eindruck, dass die Studenten, die in unserer Alltagsgeschichtsschreibung als die Avantgarde der sexuellen Revolution gelten, sich von der Sittenlockerung, die unter den sogenannten Kleinbürgern längst begonnen hatte, eher unter Druck gesetzt fühlten.“

So fasst Mariam Lau in ihrem klugen, vor einigen Jahren erschienenen Buch „Die neuen Sexfronten“ die Lage in den späten Sechzigern zusammen. Und es ist sehr erheiternd, wie sie einen Amtsgerichtsrat aus Hannover zitiert, der 1968 folgende Einlassung von sich gab: „Bei konsequenter Anwendung des Kuppeleiparagraphen müssten wir anstelle des sozialen Wohnungsbaus Gefängnisse einrichten.“

taz-Dossier

Hat die sexuelle Revolution die Kinder auf dem Gewissen? Oder ist die heutige Aufregung über frühere Pädophiliefreundlichkeit hysterisch? Die taz will das Damals nicht nur aus dem Heute verstehen. Und blickt deshalb mit einem Dossier zurück: Auf Wilhelm Reich, Befreiungsdiskurse und Kommunen-Experimente. Und auf das Erbe der Befreiung. Am Donnerstag im Kiosk, ab Donnerstag auch im eKiosk.

Man muss sich so etwas heute längst ergoogeln: Der Kuppelei verdächtig machte sich damals noch prinzipiell, wer Sex ohne Trauschein ermöglichte. Selbst Hausbesitzer, die Wohnungen an uneheliche Paare vermieteten, waren von Strafen bedroht. Erst 1974 wurde der Paragraf abgeschafft. Allerdings wurde er eben auch schon lange nicht mehr konsequent angewandt. Obwohl es dazu, das will der Amtsgerichtsrat ja wohl sagen, manchen Anlass gegeben hätte.

Entscheidende Nuancen

Die sexuelle Liberalisierung war nämlich bereits in vollem Gang, als die 68er auftraten. Und sie ging auch dann noch weiter, als die 68er nach dem Scheitern ihrer Revolutionshoffnungen längst ihre Wunden leckten. Wenn man die sexuelle Liberalisierung von den symbolischen Kämpfen um 68 trennt, wird man möglicherweise etwas kühler, zugleich aber auch wieder etwas faszinierter auf diese Zeit gucken.

Denn tatsächlich war, was damals geschah, etwas Besonderes. Der Sex wurde zwar keineswegs in einem emphatischen Sinne „befreit“ – die Illusionen von freier Liebe für alle sind auch irgendwann im Sand verlaufen. Dafür wurden aber die gesellschaftlichen Normierungen der Sexualität abgeschafft. Das mag bloß wie eine Nuancierung klingen, aber sie ist entscheidend. Und sie wirkt bis heute nach.

Man muss sich folgendes einmal wirklich klarmachen: Bis zur sexuellen Liberalisierung hat es auf vielen gesellschaftlichen Ebenen (Eltern, Pädagogik, Kirchen, Sexualwissenschaften) eine mit hohem empirischen und intellektuellen Aufwand betriebene Dauerdebatte darüber gegeben, was auf dem Gebiet der Sexualität als normal gelten kann – und, vor allem, was als unnormal beobachtet, behandelt, im Zweifel auch verboten werden muss.

Welcher Sex ist normal?

Ist Masturbation normal? Wie viel Sex ist normal? Ist sexuelles Begehren überhaupt normal (homosexuelles jedenfalls bestimmt nicht)? Und welche sexuellen Praktiken sind normal? So etwas haben sich wirklich ernsthafte und erwachsene Menschen tatsächlich gefragt. Und was nicht als „normal“ durchging, galt als „pervers“.

Dieser Gegensatz von „normal“ und „pervers“ ist dann aber gründlich geschleift worden. Dass man sich die Ausgrenzungsängste und Selbstbeschreibungsdramen, die mit ihm einmal verbunden waren, heute mühsam rekonstruieren muss, ist der eigentliche Erfolg der sexuellen Liberalisierung. In der Soziologie bezeichnet man das als Umstellung von einer sexuellen Normenmoral zur sexuellen Verhandlungsmoral: Gesellschaft und Staat halten sich, so weit es geht, raus aus dem sexuellen Geschehen; alles, was im Bett geschieht, ist okay, solange die jeweiligen Partner einverstanden sind. Ob man Ekstasen sucht, ob man seine Ruhe sucht – das ist nun Privatsache.

Die Frage, wozu das Ende der sexuellen Normierungen geführt hat, ist aber seitdem auch Thema eines gesellschaftlichen Dauerstreits. Es ist, als ob man die Schönheit dieser Freiheit noch nicht recht fassen kann. Während der Pädophiliedebatte in der Wahlkampfzeit flackerte die These auf, dass die sexuelle Liberalisierung den gewaltsamen sexuellen Übertretungen gegenüber Kindern erst Tür und Tor geöffnet habe; als hätte es das, und zwar in normierten Verhältnissen unthematisiert, nicht vorher schon gegeben. Erst die Liberalisierung öffnete auch für die Opfer der Pädophilie die Möglichkeit, offen über ihre Verletzungen zu reden.

Irgendwo in dieser Debatte lief die Vorstellung mit, dass eine Gesellschaft ohne Normen im Chaos oder auch in der reinen Machtausübung landet. Dabei bietet gerade die Verhandlungsmoral einen klaren Maßstab: Alles, was zwischen den Partnern nicht untereinander ausgehandelt wurde, ist Gewalt; und Kinder sind noch keine verhandlungsfähigen Subjekte, können also gar nichts aushandeln.

Zweifel an der Freiheit

Auch aus anderen Blickwinkeln wird die sexuelle Liberalisierung in Frage gestellt. Feministische und queere Stimmen bezweifeln, dass die Freiheit von Normen bereits erreicht wurde; sie gehen weiter davon aus, dass männliche und heterosexuelle Perspektiven dominant sind. Ausgehend von Michel Foucault gibt es daneben einen lebendigen links- und queerintellektuellen Diskurs: Die Liberalisierung der Sexualität ist für ihn nur Schein.

In Wahrheit sind wir ihm zufolge einer anonymen diskursiven Macht unterworfen, die unsere individuellsten Verhaltensweisen durchdringt, unsere Lust und unser Begehren kontrolliert. Schließlich brachte Michel Houellebecqs Romantitel „Ausweitung der Kampfzone“ Befürchtungen auf den Punkt, dass durch die Abschaffung aller Normen wahre Zuneigung unter den Menschen abgeschafft (als Paradebeispiel dient ihm die bedingungslose Liebe der Großmutter) und durch kapitalismuskonforme Egoismen und Effizienzsteigerungen ersetzt wird.

Beim konsequenten Glauben an diese Thesen hätten wir durch die sexuelle Befreiung das in repressiven Zeiten real dohende Gefängnis nur durch ein umso wirkungsvolleres diskursives Gefängnis ersetzt. Das Problem all dieser Ansätze ist aber: Sie denken nicht in Ambivalenzen. Sie bieten gute intellektuelle Werkzeuge, um Zweifel an der sexuellen Liberalisierung zu formulieren und ihre Problemfelder zu behandeln. Aber die Errungenschaften und sozialen Fortschritte im Umgang mit der sexuellen Liberalisierung blenden sie aus.

Die kleinfamiliäre Lösung

Diese Fortschritte gibt es aber. Dass Eltern sich auch nach der Trennung um ihre Kinder kümmern sollen, hat man gelernt. Und wenn man heute Berichte über Beziehungskämpfe der siebziger Jahre liest – oft wurden sie als erbitterte Kleinkriege beschrieben –, kann man selbst darin Fortschritte sehen. Wer sich von einer sexuellen Befreiung allerdings die Auflösung aller bürgerlichen Strukturen versprach, muss verarbeiten, dass sich viele Menschen am Ende doch für paarzentrierte oder kleinfamiliäre Lösungen entscheiden. Und das auch noch freiwillig.

Die sexuelle Liberalisierung führte weg von vorgegebenen Normen. Aber eben nicht ins Chaos, sondern hin zu zwischen konkreten Partnern ausgehandelten Normen – also hin zu dem ambivalenten, gelegentlich anstrengenden, gelegentlich beglückenden Feld sexueller und emotionaler Beziehungen. Den weisesten Satz dazu hat Niklas Luhmann geschrieben: „Die Tragik liegt nicht mehr darin, dass die Liebenden nicht zueinanderkommen; sie liegt darin, dass sexuelle Beziehungen Liebe erzeugen und dass man weder nach ihr leben noch von ihr loskommen kann.“

Wie man mit dieser Situation umgehen soll, daran arbeiten wir uns ab. Mit schwankenden Ergebnissen. Immerhin klappt das alles manchmal auch, irgendwie. Aber sicher sein kann man sich da nie. Plopp.

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32 Kommentare

 / 
  • Die taz schaltet kritische Kommentare nicht frei. Das muss und wird die Öffentlichkeit auf andere Weise erreichen. Es gibt viele Blogs und Foren, wo diese meinungsfeindliche Haltung bekannt werden wird....

    • @Dieter Gieseking:

      Missbrauch zu propagieren ist keine Meinung Herr Gieseking, sondern eine verabscheuungswürdige Straftat.

       

      Ich freue mich, dass die Redaktion der taz sich entschlossen hat, hier Konsequenz zu zeigen.

       

      Mögen es ihr andere Redaktionen gleich tun.

       

      Und: ja begeben Sie sich wieder in ihre Pädosexuellenforen. Begeben Sie sich gleich dorthin...

       

      Danke!

  • Sehr geehrter Herr Knipphals,

     

    Ihr Text ist sehr gut, einer Darstellung möchte ich widersprechen. Die AktivistInnen, die das Missbrauchsthema in den 50er und 60er Jahren in die Öffentlichkeit getragen haben, waren in der Mehrheit nicht Opfer von "Pädophilen" sondern von ganz durchschnittlichen Heterosexuellen. "Pädophilie" ist eine sehr schwere Krankheit, deren Kernsymptom eine Fixierung sexualisierter Impulse auf kindliche Körper und die Projektion eigener Wünsche auf das sexuell unreife Objekt ist.

     

    Die Mehrheit der Täterinnen und Täter war damals "normal". Äußerlich betrachtet. Denn übergriffige sexuelle Einstellungen, Verhaltensweisen, Darstellungen und Praktiken sind Alltag. Essenz einer sehr langen Tradition.

    Dass was wir heute unter Sex in Verbindung mit Liebe verstehen ist eine ziemlich neue Vorstellung. Eine sehr lange Zeit hieß "Sex", dass ein Mann sich in die ihm angetraute Frau erleichtert. Anders konnte man es wohl nicht bezeichnen.

    Und wer es nicht so genau nahm mit dem "Kinderschutz" der verfuhr mit Kindern ähnlich. Und die Frauen ließen ihre angestaute Wut an ihren Söhnen und Töchtern ab. Die Jungen wurden häufig von ihren Müttern und Pflegerinnen schon als Kleinstkinder unter dem Deckmantel von Hygienemaßnahmen und notwendiger körperlicher Zuwendung sexuell misshandelt, die Mädchen gedemütigt, entwertet, an Missbraucher ausgeliefert.

     

    Mit "Liebe" hatte das gar nichts zu tun. Aber es hat tiefe Spuren hinterlassen. Erkennbar an der Pornokultur, Prostitution, Fäkalsprache. Daran wie wir mit Missbrauchsopfern umgehen. Überall.

     

    Wir wollen das nur nicht so recht wahrhaben.

     

    Ich für meinen Teil bin auf jeden Fall froh dass sie vorbei ist die sexuelle Revolution. Und dass wir uns wieder mit der Wirklichkeit auseinandersetzen können.

  • P
    Peter

    Ich finde den Artikel absolut angemessen. Die gesellschaftliche Entwicklung sexueller Normverständnisse ist und bleibt ein omnipräsentes Thema und gehört auch regelmäßig in die Medien.

  • J
    Josef Švejk

    Daß zwischen der "emotionalen Sexualbeziehung" und Elternschaft ein Zusammenhang bestehen könnte, ist dem Autor nur marginalste Andeutungen wert ("Dass Eltern sich auch nach der Trennung um ihre Kinder kümmern sollen, hat man gelernt.")

    Ich erlaub mir die Frage, wie lange das gutgeht.

     

    Auch die Einbeziehung des Homosexuellen-Themas lt. Titelbild: In der Frage der anonymen Samenspende liegt die Szene durchaus quer mit dem Gesetzgeber hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte der gezeugten Kinder.

    Also alles in Butter?

    Ich hab da so meine Zweifel.

     

    Und nochmal das Titelbild: Den CSD, so wie er üblicherweise zelebriert wird, empfind ich als ein obszönes Karneval.

     

    Und wie der Mitforist feststellte, die "Titten" waren mal die Dömäne der Zeitung mit den vier Buchstaben.

  • ED
    Emanzipation der Frau vs. Kapitalherrschaft

    Es hat keine "sexuelle Revolution" gegeben, ebensowenig wie eine soziale Emanzipation. Die Oberflächenbewegung der sog. "68er" reduzierte sich im wesentlichen auf eine Minderheit der kleinbürgerlichen und bürgerlichen Schichten - und deren angehörigen bürgerlichen Frauen.

     

    Für die große Mehrheit der werktätigen Bevölkerung und vor allem der werktätigen Frau, steht die sozial-ökonomisch-ökologische Emanzipation - und damit soziale Revolution - [befreiung von der spätbürgerlichen Gesellschaftsformation, Befreiung vom Kapitalismus bzw. Bourgeoissozialismus: "Soziale Marktwirtschaft" der spezialdemokratischen "Sozialpartner" der Monopolbourgeoisie und Erbschafts-Milliardäre] - noch bevor.

  • Die Regenbogentaz zum Thema Freundschaft fand ich sehr schön.

     

    Aber das 68er Thema ist ziemlich abgegessen.

     

    Viel wichtiger sind Freundschaft und Vertrauen. Solidarität statt Konkurrenz.

  • G
    Gast

    "Das Problem all dieser Ansätze ist aber: Sie denken nicht in Ambivalenzen."

     

    Wer diesen Satz über Michel Foucault schreibt, hat irgend etwas nicht verstanden. Foucault denkt nur in Ambivalenzen, sei es bei dem einschließenden Ausschluss des Gefängnisses, den Kontrollmechanismen ohne Kontrolleure des Panoptikons, der Nutzung von Freiheit als Regierungstechnik, der Gouvernementalen Führung der Führung aber auch der Sorge um sich als Selbstsubjektivierung, also Selbstunterwerfung. Immer arbeitet Foucault paradoxe Verhältnisse aus die zu ambivalenten Sozialverhältnissen führen.

    "Die Aufklärung, welche die Freiheit entdeckt hat, hat auch die Disziplin erfunden." (Foucault - Überwachen und Strafen)

    Genau dieses ambivalente Verhältnis gilt auch für die sogenannte sexuelle Befreiung und die neuen subtilen Mechanismen der Macht die durch sie hervorgebracht wurden.

  • C
    Contra

    Die Scheidungsquoten sind

    hoch, der FKK stirbt aus,

    die Gesellschaft vereinzelte über lange Zeiträume und die Pille ist vom Lifestylepräparat

    vergleichbar zur Dauerpille

    und Lebenskrücke und zur Pflichterfüllerin industrieller Karriereerwartungen

    verkommen.

    Und Pädophilie ist überhaupt nicht verzeihbar, auch nicht aus dem kulturellen Wandel heraus. Nur die sexuell attraktiven Menschen der damaligen Zeit hatten mehr Möglichkeiten zu ungehemmter sexueller Betätigung. Der Konsum von Lust sollte frei von jeglicher Verantwortung stattfinden können für die Einflussreichen, Reichen, Mächtigen, Hippen oder Schönen.

    Nicht wenige dieser bekannten Vertreter leben heute als einsame oder untergebutterte verkrachte Existenzen. Nicht wenige sind den Drogen nicht mehr entronnen und nicht wenige Menschen haben schlicht ihre sexuellen Mißhandlungen aus der Schulzeit oder Zeit in kirchlicher Obhut darin verarbeitet und überkompensiert.

    Wie bei vielen "Revolutionen"

    wurde alles der Propaganda ausgeliefert und der Zerredung, aber intakte Sozialstrukturen,

    belastbare Familien werden immer rarer, das Vakuum wurde nicht neu aufgefüllt durch neue intakte Familienstrukturen.

    Patchworkfamilien u.ä. haben sich häufig als extrem belastende Notlösungen erwiesen, die sehr hart an den Nerven der Menschen zehren.

    Alte Familienstrukturen haben selbst Weltkriege überstanden, doch beherbergten die Menschen auch tiefschwarze Geheimnisse.

    Die Kindergenerationen haben in den Familien den Grund für die Weltkriege gewähnt, doch die Familien sind der wichtigste Überlebensfaktor dieses Volkes in größter Umnachtung gewesen!

    Die Gesellschaft ist nun dissozialisiert und für alle sozialen Schandtaten

    und Experimente leichter einnehmbar.

  • D
    Desillusionist

    Wie geht der alte, traurige Spruch über die Inhalte deutscher Medien "Hitler und Sex gehen immer".

     

    Da macht die TAZ leider keine Ausnahme.

    • DD
      Disko Dirk
      @Desillusionist:

      Sorry, aber aktueller und brisanter kann das Thema angesichts der legislativen back lash-Entwicklung - Stichwort: Prostituionsverbot - in unserem unmittelbaren Nachbarland Frankreich ja wohl kaum sein.

      • @Disko Dirk:

        Die Behauptung vom back lash der Sexualethik ist so unsinnig wie das Suppenkaspergeschrei von Micheline und Michel zum „veggie-day“. „Sie wollen uns den Sex verbieten!“. „Sie wollen uns unterdrücken und die Freiheit nehmen!“ tönt es allenthalben. Ach, liebe Triebfedern, poppt bis Ihr nicht mehr könnt, wenn Ihr nichts Besseres gelernt habt; aber werdet Euch endlich über die repressiven Wurzeln der Prostitution klar. In dreißig Jahren werdet Ihr begreifen, dass zurzeit die Entwicklung zu neuer sexueller Freiheit durch Bewusstwerdung begann/beginnt. Wegen und trotz Alice Schwarzer.

  • Ab und zu eine kleine Veränderung von Dingen die keiner braucht - OK.

    Aber Veränderungen aus Prizip?

     

    Veränderungen auf Grund von Pauschaloppisiotion - Nein Danke.

  • K
    kurtc

    "Dafür wurden aber die gesellschaftlichen Normierungen der Sexualität abgeschafft."

     

    ...schreibt der Autor um ein paar Absätz später festzustellen das bei Foucault kein Platz für Ambivalenzen ist.

  • E
    Eisvogel

    68 stürmte in Sachen Heterosex damals flink ins Ziel und dann umgehend weit darüber hinaus. Nach der Befreiung ging es dann eigentlich nur noch um Verfügbarkeit - sich in echter Selbstbestimmung dem Vögelpool zu entziehen wurde für junge Frauen sozial inakzeptabel gemacht, so wie es vorher suspekt war sich der Heirat vorzuenthalten. Und Jungs hatten nun nicht nur körperlichen, sondern auch Leistungsdruck.

     

    Und heute? Angesichts von Nuttendress in der Mittelschule, x-fach wahllosem wie unergiebigem "Zusammensein" und hc-pornogeschulten Jungs-Egos frage ich mich erstens, ob wir nicht mittlerweile wieder genauso schlimme und destruktive Normen haben. Und ob es nicht vielmehr angezeigt wäre, nun auch mal zu diskutieren, wann man die Hose besser an lässt (besonders die Mädchen). Warum wird der tonnenweise schlechte, zu frühe, abgepresste, aufgeschwatzte, ungesunde Beziehungen konstituierende, lieblose Sex nicht mal mit der gleichen Besessenheit ausgeleuchtet?

     

    Als ob das alles nur toll wäre.

    • @Eisvogel:

      "Warum wird der tonnenweise schlechte, zu frühe, abgepresste, aufgeschwatzte, ungesunde Beziehungen konstituierende, lieblose Sex nicht mal mit der gleichen Besessenheit ausgeleuchtet? "

       

      Weil die jungen Menschen dann beschäftigt wären. Sinnvoll. Und weniger Neigung hätten zu konsumieren.

      "Sex sells".

       

      Es gibt durchaus Bestrebungen unsere Sexualkultur so primitiv zu lassen wie sie ist. Aber es regt sich auch Widerstand.

      "Make Love": diese Sendung kann ich wirklich empfehlen.

       

      MfG,

      Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

      • @Angelika Oetken:

        Werte Frau Oetken,

        herzlichen Dank für ihre fundierten Beiträge und ihre ergänzenden Anmerkungen zu „Eisvogel“. Sie haben Recht. Egozentrik, Narzissmus und die „primitive Sexualkultur“ sind beste Grundlagen, die triebgesteuerte Konsumkultur weiter zu forcieren. Trieb ist einfach, ist Konsum. Kopf und den Geist werden abgeschaltet. Menschen rammeln wie Kaninchen, Hunde und Bonobos und glauben, sie seien „befreit“.

        Und wo sind wir mittlerweile angelangt? 15/16jährige Jungs zeigen am Morgen im Schulbus auf dem smartphone 7/8 jährigen Mädchen Hardcore-Pornos… Wenn die Eltern- / Kind-Beziehung intakt ist, vertraut sich das belästigte Kind Mutter oder an. Wer weiß, wie viele Fälle es gibt, in denen das überrumpelte, emotional überforderte Kind mit sich allein ausmacht, was ihm zugemutet wurde.

        • @lichtgestalt:

          Ja, auch im Bereich "Sex" findet wohl eine gesellschaftliche Trennung statt zwischen denen, die sich darin sozial kompetent bewegen und denen, die das nie gelernt haben bzw. auch nicht wollen.

           

          Das Dysfunktionale zieht Missbrauch, Gewalt und Krankheit nach sich. Soziales Scheitern auf ganzer Linie.

           

          So wie es bei "Gesundheit" und "Bildung" längst schon ist.

           

          Schade! Leider sehe ich angesichts der Tatsache, dass immer weniger öffentliche Mittel zur Verfügung stehen um hier gegen zu steuern, wenig Chancen, Kinder, die aus solch dysfunktionalen Gefügen kommen Unterstützung zu gewähren. Erfahrungsgemäß reicht oft ein stabilisierendes Element, um das notwendige Gegengewicht zu bilden.

           

          MfG,

          Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

        • @lichtgestalt:

          Ich habe einen Vater und ein Frgezeichen vergessen.

    • EM
      Ein Migrant
      @Eisvogel:

      Die Beiträge wirken auf mich weitgehend wie eine Binnendebatte unter "Altdeutschen". Wie stark sich damals und heute noch Norm- und Moralvorstellungen in der "neudeutschen" Gesellschaft unterscheiden und wie welche Verhandlungs- und Handlungsspielräume Raum bekommen scheint hier weit ausserhalb des Blickfeldes. Wie wärs mit einer interkuturellen Öffnung der Blickwinkel?

    • DD
      Disko Dirk
      @Eisvogel:

      Manche der heutigen Kids sehen das anders. Schau Dir bspw. auf der Website makelove den Beitrag "Sex mit oder ohne Liebe" an. Beste Grüße M.

    • Z
      zara
      @Eisvogel:

      wieso müssen gerade mädchen ihre hose öfter besser anlassen? und na klar ist sex bei den ersten malen meistens "schlecht", woher sollen auch die erfahrungen kommen? aber ist doch schön wenn man sie unverbindlich zusammen machen kann. und wieso lieblos? auch einmaliger sex kann liebevoll sein und spaß machen. und ja auch ich bin durch viele kurze stürmische "beziehungen" gegangen, die ich allerdings auch schnell nicht mehr als solche bezeichnet habe. und rückblickend denke ich mir natürlich ab und zu "oh mann was war das nur für ein quatsch". aber früher hat sowas die welt bedeutet. jugendliche sind nunmal was emotionen betrifft sehr impulsiv, weil das lymbische system (verantwortlich für eben diese gefühle) in dieser lebensfase weiter entwickelt ist als der prefrontale cortex (kontrolle, planen, inhibieren). und ich würde auch so weit gehen zu behaupten, dass ich aus all diesen liebes- und sex-erfahrungen etwas gelernt habe und dass sie mich zu der reifen jungen frau gemacht haben die ich heute bin und auf deren basis ich seit über einem jahr jetzt schon eine sehr glückliche gesunde beziehung führe. ich werde nächsten april 20. keine destruktiven normen in sicht. einfach mal aufpassen mit, worauf auch immer basierenden, generalisierungen.

      • @zara:

        "...gesunde beziehung führe..." . Das sollte eigentlich erst mit 50++ ins Vokabular aufgenommen werden.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    „Die Tragik liegt nicht mehr darin, dass die Liebenden nicht zueinanderkommen; sie liegt darin, dass sexuelle Beziehungen Liebe erzeugen und dass man weder nach ihr leben noch von ihr loskommen kann.“ Sagt doch wohl alles über die Geschlechterbeziehungen in diesem tollen "revolutionierten" Deutschland.

  • AD
    Advocatus Diavoli
  • D
    DDR-Bürgerin

    Ich denke eher unsere Welt ist seit der Widervereinigung prüder geworden.

  • A
    ama.dablam

    Täglich was mit Sex und Titten, woher kenne ich das nur?

    • GM
      Gast mit Namen
      @ama.dablam:

      Ist doch gut, Sex ist den meisten Menschen wichtig, und wir sollten das Thema nicht der CSU überlassen. Es ist ja nun wirklich einigermaßen perfide, wie unsere gesellschaftlichen Normen von Leuten bestimmt werden, die sich eine Gesellschaft wie in den 50ern zurückwünschen. Da empfinde ich die taz derzeit als wohltuendes Korrektiv.

    • JI
      jk inc
      @ama.dablam:

      Vermisse die Narben für die Implantate. Und Tatoos.

       

      ^^

    • @ama.dablam:

      Sie haben recht:

       

      ich glaub es auch fast gar nicht mehr, seit einiger Zeit werden einen jeden Morgen zum Frühstück die Dinger und dazu die hochhackigen Pömps nur noch so um die Ohren geknallt.

       

      Ich hatte bisher immer gedacht ich sei vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, aber scheints habe ich doch so einiges verpasst in meinem Leben.

       

      Na ja, ich wohn halt auf dem Land.

    • B
      Bild
      @ama.dablam:

      Ja das tolle ist, damit muss man sich nicht mehr schämen wenn man in der U-Bahn sitzt und dem Prenzlauer Berg Papa ist auch froh, er bekommt was er will, ihm ists nicht peinlich und seine Frau denkt was für ein toller Hecht.

      • @Bild:

        Und ich muss am Samstag immer die "taz.am wochenende" vor meinen Enkeln verstecken, da ich denen nicht erklären kann, was da auf Seite eins alles abgedruckt ist, incl. Werbeanzeigen von Hurenorganisationen. Werde mich doch wohl wieder auf mein e-paper-Abo zurück ziehen müssen. PostzustellerIn gucken auch immer so, wie früher bei den St.Pauli-Nachrichten.