Gesucht wird eine Frau fürs Panthéon: Allein unter Männern

Bisher wurden im Pariser Heldentempel Panthéon 70 Männer geehrt und nur eine Frau. Präsident Hollande hat nun unter verdienstvollen „Töchtern“ die Wahl.

Frauen im Pantheon: Als Statuen ein gewünschtes Schmuckwerk, unter den Verdienten leider nur ein Einzelfall. Bild: imago / Michael Schick

Den „großen Männern“ der französischen Geschichte hat die „dankbare Heimat“ einen pompösen neoklassischen Bau im heutigen 5. Arrondissement von Paris auf dem Montagne Sainte-Geneviève und mit Sicht auf das Quartier Latin gewidmet. Der Schriftzug auf der Fassade würdigt nur die herausragenden Söhne der Nation: „Aux grands hommes, la patrie reconnaissante“ steht da.

An die womöglich nicht minder bedeutenden und verdienstvollen Töchter der Grande Nation war beim Bau des Panthéons am Ende des 18. Jahrhunderts nicht gedacht worden. Das soll nun nachgeholt werden. Alle durften per Internet Vorschläge machen. Jetzt fällt die Wahl erst recht schwer.

Kein Mangel an berühmten Frauen

An berühmten Frauen fehlt es nicht in Frankreich. Am bekanntesten wäre Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, sie hatte das Königreich vor der Niederlage gegen die Engländer und vielleicht vor dem Untergang bewahrt.

Als das Panthéon kurz nach der Großen Revolution eingeweiht wurde, hätte sich freilich niemand auch nur im Traum einfallen lassen, eine solche religiöse Monarchistin zur Nationalheldin zu erklären. Das noch zur Zeit des Ancien Régime begonnene Gebäude sollte eine Art weltlicher Tempel der Republik sein. Alle religiösen und monarchistischen Insignien wurden vor der Einweihung entfernt.

Von Beginn an wurde hitzig darüber diskutiert, wem die seltene Ehre eines Platzes in der Krypta des Panthéon zukommen solle. Dass die beiden Philosophen Voltaire und Rousseau unter den Ersten sein mussten, war kaum umstritten.

Umgebettet oder die Ehrung abgelehnt

Hingegen wurden die sterblichen Überreste von vier herausragende Figuren der Revolution, unter ihnen Graf Mirabeau und der Radikale Jean-Paul Marat, schon ein Jahr nach ihrer feierlichen Beisetzung im Panthéon wegen eines Meinungsumschwungs der Staatsführung wieder exhumiert und in aller Diskretion auf einen weniger prestigeträchtigen Friedhof überführt.

Um solche peinliche Situationen zu vermeiden, wurden später Kriterien festgelegt, die namentlich vorsehen, dass Kandidaten auf einen Platz im Panthéon mindestens seit fünf Jahren das Zeitliche gesegnet haben müssen.

Und die Familien der Erwählten müssen zustimmen, was nicht immer der Fall ist: 2009 wollte Nicolas Sarkozy den Schriftsteller Albert Camus im Panthéon haben, doch dessen Sohn lehnte diese Ehre aus Angst vor einer politischen Instrumentalisierung dankend ab.

Bisher liegt nur eine Frau im Panthéon

Eine einzige Frau ist bisher von der Nation in dem Heldentempel geehrt worden: die Atomphysikerin Marie Curie, und auch sie erst 1995. Zwar wurde auch eine zweite Frau im Panthéon beigesetzt, doch Sophie Berthelot widerfuhr diese Ehre nur, um an der Seite ihres berühmten Gatten, des Chemikers Marcellin Berthelot, die letzte Ruhe zu finden.

Von der Parität der Geschlechter ist Frankreich hier weit entfernt. Da sich François Hollande wie seine Vorgänger auch mit der Nominierung einer Persönlichkeit fürs Panthéon verewigen möchte, drängt sich die Wahl einer Frau auf.

Der Staatschef möchte zudem nicht so eigenmächtig entscheiden wie einst Napoléon Bonaparte, der selber übrigens nicht im Panthéon liegt, dafür jedoch in zehn Jahren Herrschaft nicht weniger als 41 von 71 heute belegten Plätzen in der Krypta besetzte.

Initiative sucht Frauen

Mit Hollandes Zustimmung organisierte das Kollektiv für (mehr) Frauen im Panthéon die Aktion „Cherchez la femme“ via Internet. Aus Feministinnenkreisen kamen dazu vor allem drei Namen, die zu den Favoritinnen zu zählen sind: Olympe de Gouges, eine (1793 auf der Guillotine zum Schweigen gebrachte) Vorkämpferin der Frauenrechte der Revolution sowie die Schriftstellerinnen George Sand und Simone de Beauvoir.

Nirgends steht aber geschrieben, dass es Geistesgrößen oder Heldinnen des Kampfs für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, respektive Schwesterlichkeit, sein müssen. Warum also nicht zum Beispiel Édith Piaf?

Ein Vorschlag: Josephine Baker

Der Schriftsteller Régis Debray plädiert für einen Bruch mit Konventionen, er hat darum in einer Kolumne der Zeitung Le Monde die 1937 eingebürgerte Tänzerin Josephine Baker für das Panthéon vorgeschlagen, denn er meint: „Sie würde dort sicher die Urnen und Statuen auftauen und ein wenig Wirbel und Sonne in diese unterkühlte und so traurig-steife Krypta bringen.“

Zu den absehbaren Protesten der Tugendwächter meint Debray, dass Baker erstens als Mitglied des Nachrichtendienstes der Résistance und Kämpferin gegen die Rassensegregation in den USA eine sehr engagierte Frau gewesen sei, und zweitens würde es nicht schaden, wenn im Tempel der Nationalheiligen die Wissenschaftler und die Krieger ein wenig Sinnlichkeit als Gesellschaft bekämen.

Die Qual der Wahl hat nun der Präsident. So oder so bleibt das Panthéon auch eine der wichtigsten Touristenattraktionen von Paris.

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