Haftbedingungen für Pirate-Bay-Gründer: Kein Buch, keine Zeitung, kein Besuch
Der Programmierer Svartholm Warg sitzt wegen Hacking-Verdachts in Dänemark im Knast. Eine Petition kritisiert die Unterbringung als „Isolationshaft“.
STOCKHOLM taz | Ein Massenmörder wird während der Haft besser behandelt als ein wegen Hacking verdächtigter Programmierer? Diesen Vergleich zwischen den Haftbedingungen für den in Norwegen einsitzenden Rechtsterroristen Anders Behring Breivik und der Behandlung von Gottfrid Svartholm Warg wegen Hacking-Anklagen durch die dänische Justiz, zieht eine an Dänemarks Ministerpräsidentin Helge Thorning-Schmidt gerichtete Petition.
Konkret wird der Vorwurf von Isolationshaft erhoben: Svartholm Warg dürfe weder Zeitungen und Bücher lesen – auch nicht die aus der Gefängnisbibliothek. Er darf keine Briefe bekommen, nur begrenzt Besuch empfangen und habe lediglich täglich eine Stunde die Möglichkeit des Kontakts mit anderen Gefangenen.
Die Petition steht mit solchen Vorwürfen nicht allein. Svartholm Wargs Mutter klagte kürzlich, dass die Behandlung ihres Sohnes reine Folter sei, seine Anwältin Luise Høj spricht von „negativer Spezialbehandlung“ und einer „bewussten Strategie“ mit der „man Druck ausübt und versucht ihn zu brechen“.
Gottfrid Svartholm Warg ist kein unbeschriebenes Blatt. Der Programmierer mit dem Aliasnamen „Anakata“ war Mitbegründer der BitTorrent-Website „The Pirate Bay“ und wurde als solcher 2009 wegen Copyright-Verstössen zu einem Jahr Haft und einer millionenschweren Geldstrafe verurteilt. Die Haft, der er sich zeitweilig durch eine Flucht nach Kambodscha entzogen hatte, hat der 29-jährige mittlerweile abgesessen.
Suche nach Anklagepunkten
Im September 2013 war er zu einer neuen einjährigen Haftstrafe wegen eines Hackerangriffs auf Daten der schwedischen Steuerbehörde verurteilt worden, der von Kambodscha aus erfolgt sein soll. Svartholm Warg bestreitet diese Vorwürfe ebenso wie die der dänischen Polizei, aufgrund dessen er seit November in dänischer Untersuchungshaft sitzt: Ein Zugriff auf das dortige Führerscheinregister.
Die dänische Staatsanwaltschaft tut sich offenbar schwer, eine Anklage gegen „Anakata“ zusammenzubasteln. Seit über einem Jahr wird ermittelt. Am Mittwoch wurde in einem nichtöffentlichen Haftprüfungstermin die Untersuchungshaft um einen weiteren Monat verlängert. Die Vorwürfe seien „dünn“ sagt seine Anwältin. Sie könne daher nicht verstehen, wie die Haftbedingungen ihres Mandanten mit den anhaltenden Ermittlungen begründet werden können.
Kritik aus Europaparlament
Aber gehört überhaupt der angebliche Hacker auf die Anklagebank? Müssten da nicht eher die Behörden und IT-Firmen sitzen, die aufgrund unzulänglicher Sicherheit die Daten, die der Staat über seine MitbürgerInnen gesammelt hat, nicht vor unbefugtem Einblick schützen? Diese Frage wirft Amelia Andersdotter, Europarlamentarierin der schwedischen Piratenpartei in einem Kommentar zum „Fall Anakata“ auf. https://ameliaandersdotter.eu/2014/01/07/so-about-anakata-and-freedom Der Staat habe die Verantwortung für die Verwaltung öffentlicher Daten einfach an private IT-Unternehmen abgegeben. Diese seien gesetzlich und vertraglich dazu verpflichtet, deren Sicherheit vor nicht autorisierten Zugriffen zu gewährleisten. Svartholm Warg habe lediglich die Sicherheitslücken aufgedeckt.
Daher sei es unbillig dafür ihn bestrafen zu wollen. Dass nach den Hacker-Angriffen die fraglichen Lücken angeblich geschlossen worden seien, beweise nur die vorherigen schuldhaften Sicherheitsverstösse. „Anakata ist der Sündenbock“, schreibt Andersdotter. Man wolle ihn jetzt für den fahrlässigen Umgang mit unseren privaten Daten bestrafen, „weil sonst niemand verantwortlich ist“: „Unsere IT-Strafgesetze schützen Computer, Behörden und Unternehmen. Niemand beschützt uns Individuen.“
Leser*innenkommentare
amigo
Gast
Das ist einfach eine unglaubliche Geschichte!
Ist das die schöne neue Welt, die uns droht?
Brennessel
Gast
@amigo Das ist die schöne neue Welt die wir uns selbst gebastelt haben. Während wir allein mit uns selbst und grenzenlosem Konsum beschäftigt waren.
hihi
Gast
Die EU versucht mit letzter Kraft zu verbergen, dass Sie die Daten an die USA verkauft hat und dafuer gut bezahlt wurde. Meistes wird irgendein Land mit zweifelhaftem Ruf vorgeschoben um Gesetzwidrigkeiten EU weit verschaerfen zu koennen um die Taschen der Nazitaeter die sich bis in hoechste EU Ebenen dank der techn Unterstuetzung hinaufgearbeitet haben zu fuellen.