Bundesregierung soll Elfenbein zerstören: Mehr als eine Tonne Stoßzähne

Wegen der Nachfrage nach Elfenbein töten Wilderer tausende Elefanten. Deutschland soll seine Bestände in einem symbolischen Akt vernichten, fordern Artenschützer.

Abgefangen: Frisches Elfenbein darf seit 1989 nicht mehr in die EU eingeführt werden. Bild: ap

MÜNCHEN dpa | Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Artenschutz-Organisation Pro Wildlife die Bestände an beschlagnahmtem Elfenbein in Deutschland zerstören. In deutschen Asservatenkammern lagerten Schätzungen zufolge allein mehr als eine Tonne Stoßzähne, teilte der Verein am Donnerstag in München mit. Nach Recherchen der Organisation haben die Behörden seit 1996 bundesweit mehr als 6500 Schnitzereien sowie mindestens 135 ganze Stoßzähne beschlagnahmt.

Der Handel mit Wildtierprodukten wie Elfenbein ist ein milliardenschweres Geschäft, das international organisierte Wilderer-Banden anlockt und Tiere wie Elefanten oder Nashörner massiv bedroht. Experten sprechen sogar von einer internationalen Wildtiermafia.

Pro Wildlife sieht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) unter Zugzwang, seit sie Mitte Februar bei einer Konferenz in London eine Deklaration zur Vernichtung beschlagnahmter Wildtierprodukte mit unterzeichnet hat. „Damit würde sich die Bundesregierung sichtbar der weltweiten Bewegung anschließen, die den Elfenbeinhandel austrocknen will“, erklärte Artenschützerin Daniela Freyer. Außerdem könnten so die Kosten für die Lagerung eingespart werden. Andere Staaten wie die USA, Kenia oder Frankreich hätten ihr Elfenbein bereits zerstört.

Das Bundesumweltministerium in Berlin lehnt dies ab. „Die Mengen in Deutschland sind zu gering, um mit einer öffentlichen Vernichtung ein wahrnehmbares Zeichen gegen den illegalen Wildtierhandel und Wilderei zu setzen“, sagte ein Ministeriumssprecher auf dpa-Anfrage. „Die allermeisten beschlagnahmten Stücke sind touristische Mitbringsel und meist nur wenige Gramm schwer.“

Wichtiger Beitrag zum Artenschutz

Bei vielen Stoßzähnen handele es sich zudem um sehr kleine Exemplare. Insgesamt wiege das konfiszierte Elfenbein vermutlich weniger als eine Tonne. Die Bundesrepublik will das Material etwa für Schulungen und Forschung verwenden. Dies stehe auch im Einklang mit dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen und sei ein wichtiger Beitrag zum Artenschutzvollzug, sagte der Sprecher.

Als Alternative zum Elfenbein frisch erlegter Tiere, das seit 1989 nicht mehr in die Europäische Union eingeführt werden darf, gilt das Mammutelfenbein. Allein an der Polarmeerküste werden nach Auskunft des Elfenbeinexperten Jürgen Schott 700.000 Tonnen Material vermutet.

Auch in Kanada oder Alaska sollen noch große Mengen an Stoßzähnen der ausgestorbenen Tiere lagern, seit Jahrtausenden konserviert im Permafrost. Artenschützer halten dies aber für kontraproduktiv: Laien könnten das Elfenbein von Mammuts und Elefanten nicht unterscheiden. Der Handel mit Mammut-Stoßzähnen könne deshalb zum Einfallstor für Elfenbein gewilderter Elefanten werden, bemängelte Freyer.

Mammutelfenbeinhandel als Einfallstor

Schott, Obermeister der Drechsler- und Elfenbeinschnitzerinnung im hessischen Odenwaldkreis, sieht diese Gefahr nicht. Die Farbe sei zwar ähnlich, Mammutelfenbein habe aber eine ganz andere Maserung. Im ersten Augenblick sei die Unterscheidung zwar schwierig, nach einiger Zeit könne man das aber gut erkennen.

Schott ist einer von wenigen Handwerkern in Deutschland, die Elfenbein zu Schmuck oder für den Instrumentenbau und die Restaurierung alter Möbel verarbeiten. Ein Schwerpunkt ist der Odenwald. In seiner Werkstatt in Erbach verarbeitet Schott Elfenbein von Mammuts, aber auch von Elefanten, das nachweislich aus Altbeständen stammt.

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