Linke uneins über C-Waffen-Vernichtung: Gysis Mission gescheitert

Die Bundeswehr soll die US-Marine schützen, wenn diese mit der Vernichtung von Chemiewaffen aus Syrien beginnt. Das spaltet die deutsche Linke.

So wird's gemacht: Vorführung mit einer Dummy-Granate bei der „Geka“ in Munster, wo die Reste von Syriens Chemiewaffen landen sollen. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Linkspartei steht vor einer für ihre Parteigeschichte historischen Entscheidung. Am Mittwoch wird der Bundestag über die Teilnahme der Bundeswehrfregatte „Augsburg“ an der Vernichtung syrischer Chemiewaffen entscheiden. Union, SPD und Grüne werden dafür stimmen. In der Linksfraktion wird es wohl wenige Ja-Stimmen, viele Enthaltungen und relativ viele Nein-Stimmen geben.

Die Linkspartei ist in der Frage von Bundeswehreinsätzen gespalten. Und nicht nur darin: Diese Abstimmung ist auch eine Sonde, die anzeigt, ob die Partei die Tür zu Rot-Rot-Grün offen halten will oder ob der Fundiflügel die Tür verriegelt.

Fraktionschef Gregor Gysi hatte bis zuletzt versucht, die GenossInnen zu einer einheitlichen Linie – nämlich Enthaltung – zu drängen. Das sollte ein doppeltes Signal sein: Die Linkspartei kann in einer für ihre Identität entscheidenden Frage geschlossen auftreten.

Und: Es wäre ein Zeichen Richtung SPD und Grüne gewesen, dass man nicht fundamental alle Bundeswehreinsätze ablehnt. Doch die Fundis haben diesen Plan bei der Fraktionssitzung am Montag endgültig ruiniert.

Der Verteidigungspolitiker Alexander Neu kündigte schon vor einer Woche an, dass „der linke Flügel weitgehend geschlossen dagegen stimmen wird.“ Friedenspolitikerin Christine Buchholz argumentierte im Bundestag, es mache „misstrauisch“, dass als Operationsgebiet „Mittelmeer und der Nordatlantik“ ausgewiesen sei. Die Große Koalition wolle „die Bundeswehr in mehr internationale Einsätze“ schicken können.

Noch drastischer klang die Linkspartei-Linke Sevim Dagdelen: „Der Einsatz hat Türöffnercharakter.“ Auch bei SPD und Grünen sei die Zustimmung zu Kriegen über ein Ja zu niedrigschwelligen Auslandseinsätzen der Bundeswehr erfolgt. Die Linke dürfe sich nun nicht „bei SPD und Grünen anbiedern“, sagte Dagdelen.

„Keine imperiale Intervention“

Dabei spricht aus antimilitaristischer Sicht wenig gegen eine Beteiligung der Bundeswehr an der Abrüstungsaktion. Das US-Marineschiff „Cape Ray“ soll syrisches Giftgas an Bord nehmen, um dort die erste Stufe der Vernichtung der Massenvernichtungswaffe zu bewerkstelligen.

Die Bundeswehrfregatte soll dabei die „Cape Ray“ im äußeren dritten Ring begleiten und vor unwahrscheinlichen, aber nie völlig auszuschließenden Angriffen schützen. Der UN-Sicherheitsrat hat die Aktion mit den Stimmen von China und Russland beschlossen. Das Assad-Regime hat sie akzeptiert.

Paul Schäfer, Linken-Militärexperte und bis 2013 im Bundestag, hält ein Nein daher für unverständlich. Es geht, so Schäfer, „weder um einen Kriegseinsatz noch um eine imperiale Intervention, sondern um die Absicherung einer von der UNO unterstützten, sinnvollen, auch von uns gutgeheißenen Abrüstungsmaßnahme“.

Auch der SPD-Verteidigungspolitiker Rolf Mützenich ist verwundert: „Das ist ein Einsatz, mit dem wir zur Abrüstung beitragen. Da müsste auch die Linke sagen: Da können wir zustimmen. Das wäre ein wichtiges Signal, über den Tag hinaus.“

Kipping ermuntert die Fundis

Doch das Signal der Linkspartei klingt jetzt eher nach Politikverweigerung. Bitter für die Pragmatiker ist, dass die zentristische Parteiführung Bernd Riexinger und Katja Kipping sich zwiespältig verhalten hat. In einem Brief an die Fraktion lobten sie am Montag zwar Gysis Versuch, eine geschlossene Enthaltung zu erwirken, als „sinnvoll“. Doch für den absehbaren Fall, dass es keine einheitliche Position gebe, ließ Kipping durchblicken, dass sie mit Nein stimmen wird. Das war eine Ermunterung der Fundis, die sowieso keine Enthaltung wollten.

Der grüne Außenpolitiker Omid Nouripour wettert: „Wer sich in der Außenpolitik so leichtfertig der Verantwortung entzieht, sollte das Wort Frieden nicht mehr in den Mund nehmen.“

Die Realos in der Linkspartei kehren derweil die Scherben zusammen. Der Außenpolitiker Stefan Liebich bezieht stets am deutlichsten gegen das General-Nein gegen alle Bundeswehreinsätze Stellung. Er will – nachdem die gemeinsame Enthaltung nicht möglich ist – am Mittwoch mit Ja stimmen. Das sei, so Liebich, dann immerhin „das erste Mal“, dass jemand aus der Linksfraktion für einen Einsatz der Bundeswehr stimmt.

Das sieht Hans-Peter Bartels, SPD-Netzwerker, ähnlich. Die Freigabe der Abstimmung sei eben „der allerkleinste Nenner“ in der Linksfraktion. Und, so Bartels, eher optimistisch: „Die Debatte dort wird weitergehen.“

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