„Verschwendete Zeit“

TISCHTENNIS Wieder ziehen sich zwei Frauenteams aus der Bundesliga zurück. Mit Kroppach und Saarlouis-Fraulautern trifft es die beiden Spitzenteams

BERLIN taz | Stellen Sie sich vor, in der Fußball-Bundesliga würden sich der FC Bayern München und Borussia Dortmund aus dem Ligabetrieb zurückziehen oder die Handball-Bundesliga müsste ohne Vereine wie den THW Kiel und den HSV Hamburg auskommen! Unvorstellbar? Im Tischtennis nicht. In der 1. Liga der Frauen hat neben dem FSV Kroppach nun auch der TTSV Saarlouis-Fraulautern seinen Rückzug bekannt gegeben. Momentan belegen die Klubs die Plätze eins und zwei in der Tabelle. Wenn Kroppach am Sonntag das Spitzenspiel bei Saarlouis gewinnt, dürfte ihnen der sechste Meistetztitel hintereinander nicht mehr zu nehmen sein. Auch Saarlouis hat noch Chancen auf den Titel.

„Wir sind auf der Ziellinie stehen geblieben“, bedauerte Vereinschef Heinz Falk die Entscheidung. Am Ende haben 10.000 bis 15.000 Euro Absicherungskapital gefehlt. Falk bemängelt die Förderpolitik des Landessportbundes. So flössen zu viele Gelder nach Saarbrücken und „zu wenig“ nach Saarlouis zu seinem TTSV Fraulautern. Ein weiterer Grund: „Der Verwaltungsaufwand zerrt an einem, eine Saison ist immer ein Kraftakt.“

Doch wahrgenommen werden die Anstrengungen kaum. Tischtennis verfügt kaum über mediale Präsenz. Außerdem sei die Kluft zwischen den Spitzenteams aus Kroppach und Saarlouis und dem Rest der Liga einfach zu groß. Für die Zuschauer sind diese Spiele „verschwendete Zeit“, meint Falk.

Während den Machern in Saarlouis schlicht das Geld ausgegangen ist, fehlt es in Kroppach an Ehrenamtlichen. Die bisherigen Akteure im Vereinsumfeld haben größtenteils ein Alter jenseits der 70 erreicht. „Wir planen jede Saison und die entscheidenden Leute im Verein wollten da irgendwann nicht mehr mitarbeiten“, sagt Kroppachs Manager Horst Schüchen zu der Entscheidung.

Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) ist derartigen Kummer gewohnt. „Rückzüge hat es schon immer gegeben, nur jetzt trifft es prominente Vereine“, meint Jens Hecking von der Spielleitung des DTTB zur aktuellen Situation. Jedoch seien dem Verband die Hände gebunden, schließlich steht und fällt laut Hecking alles mit den Sponsoren. Wie schwer es ist, diese an den Tischtennis zu binden, zeigt das Beispiel des TTC Langweid. Der siebenfache deutsche Meister musste im vergangenen Jahr aufgeben, weil sich die Sponsoren nach dem Bundesligaaufstieg des FC Augsburg nur noch für den Spitzenfußball in der benachbarten Großstadt interessiert haben. Deshalb wurde die Liga vor dieser Saison von zehn auf neun Teams verkleinert, nächste Saison werden es nur noch acht sein.

Während der FSV Kroppach die Rücktrittsentscheidung bereits im Dezember bekannt gab und die Spielerinnen genügend Zeit hatten, sich einen neuen Klub zu suchen, erfuhren die Spielerinnen in Saarlouis erst vor gut einer Woche vom Aus ihres Klubs. Nadine Bollmeier, dreimalige deutsche Meisterin im Doppel, bezeichnet das als „sehr kurzfristig“. „Die interessanten Verhandlungen haben schon im Januar begonnen“, sagt sie. Vereinschef Falk glaubt nicht, dass seine besten Spielerinnen in der 1. Liga noch einen Platz finden. Die Attraktivität der Liga sei durch die Austritte von Kroppach und Saarlouis so stark gesunken, dass ein Wechsel ins Ausland sehr wahrscheinlich ist. Nadine Bollmeier sieht das ein wenig lockerer: „Andere Ligen sind auch nicht stärker.“

Mit dem TTC Berlin Eastside bleibt dem Ligabetrieb nun zumindest ein ambitionierter Verein erhalten. Mit Kristin Silbereisen und Shan Xiaona hat Berlin zwei Kroppacher Leistungsträgerinnen für die kommende Saison verpflichtet. Ein Transfer-Coup, der auch TTC-Präsident Teichmann optimistisch stimmt: „Der ein oder andere Titel sollte schon an die Spree kommen.“ Aber auch er weiß, dass die Liga in der bestehenden Form wenig attraktiv ist. „Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Liga wieder zu stärken“, sagt er.

CLARISSA FRIESE