Pop von Roddy Frame: Postkarten vom Land

Simpel, sauber und gut: „Seven Dials“ ist ein musikalisch beeindruckendes Lebenszeichen des schottischen Songwriters Roddy Frame.

Erfinder der Postcard-Sounds: Roddy Frame. Bild: Gullick

Zarte 17 Jahre ist Roddy Frame, als er mit seiner Band Aztec Camera seine Debütsingle „Just Like Gold“ veröffentlicht. Wir schreiben das Jahr 1981 und der Glanz von Frames Glasgower Label Postcard Records strahlt bis nach London. Der Legende nach fuhren gleich mehrere A&R-Manager aus der Hauptstadt nach Glasgow, um Aztec Camera unter Vertrag zu nehmen – angelockt von einer Handvoll Singles, im Punk-Ethos aus einem Schlafzimmer heraus veröffentlicht. Josef K, Orange Juice und eben Aztec Camera hießen die Glasgower Bands jener bis heute verehrten Pop-Stunde.

Beeinflusst vom glasklaren, hellen Gitarrensound der New Yorker Punkszene um Television, machte sich Roddy Frame und seine Band auf, um der von Bluesrock und Machismo dominierten schottischen Musikszene etwas entgegenzusetzen. Als Erstes befreiten die Musiker das seit den Sechzigern vernachlässigte E-Gitarren-Modell „Country Gentleman“ der Firma Gretsch vom Staub. Statt für Bier und Groupies interessierten sich Aztec Camera für die Literatur von Kafka und Kerouac und ahmten den blitzsauberen Sound alter Motown-Soul-Singles nach.

So schlug das Pendel deutlich in Richtung Pop aus, und es war klar, dass das Werben der Majorlabels von Erfolg gekrönt war. Neben Frame gilt auch Edwyn Collins und seine Band Orange Juice als Erfinder des Postcard-Sounds. „Ich war damals arrogant und behauptete, unsere Musik sei zu gut für ein kleines Label“, erklärt Frame im Rückblick auf die frühen Achtziger.

Wohl zu Recht, war doch sein verschwenderischer Umgang mit Harmonien charakteristisch für den Sound von Aztec Camera. Mit herausragenden Alben wurden Aztec Camera zusammen mit Bands wie Scritti Politti und Prefab Sprout zur Pop-Intelligenzija Großbritanniens der frühen Achtziger.

Roddy Frame: „Seven Dials“ (AED/Rough Trade)

Unschuldige Frische

Knapp ein Vierteljahrhundert später finden die Musiker an alter Stelle wieder zueinander: Roddy Frame veröffentlicht auf Edwyn Collins’ kleinem Label AED Records sein neues Soloalbum „Seven Dials“. Seit seinem letzten Lebenszeichen, „Western Skies“, sind acht Jahre vergangen. Ein Zeitfenster, das nicht nur auf verschärften Müßiggang schließen lässt, sondern auch die große Sorgfalt des Roddy Frame verdeutlicht.

Waren seine frühen Soloalben noch spärlich mit Gitarre instrumentierte, introvertierte Kleinode, so schöpft er bei „Seven Dials“ aus dem Vollen: Gespickt mit üppigen Arrangements, zeigt sich ein Songwriting in Vollendung. Wenn von einem „back to the roots“ die Rede ist, so meint das meist schlimmste Muckerklischees. Nicht so auf „Seven Dials“, Frames Melodien klingen einfach nur simpel, sauber und gut. Die Idee zum Album kam ihm, als er vergangenes Jahr das Aztec-Camera-Debüt „High Land, Hard Rain“ wieder auf die Bühne brachte.

Ein Meisterwerk, dessen Sound von seiner unschuldigen Frische nichts verloren hat. Wenn unser Held auch hörbar erwachsener wurde und inzwischen Americana-Elemente statt Twangy-Pop verwendet und Gefallen an hingetupften Balladen gefunden hat – die Hooklines purzeln nun wieder und prägen sich sofort ein. Und im Song „Postcard“ scheint aller Übermut als Reminiszenz an Frames Anfänge gebündelt zu sein. Es ist der perfekte Song für eine Autofahrt entlang der Küstenstraße von Los Angeles nach San Francisco.

„Ooh, sparkling water / Blue skies above / Ooh, send me a postcard / From hazy California, signed with love.“ Mag man anhalten, um eine Postkarte zu schreiben? Nein. Lieber weiterfahren und „Seven Dials“ noch mal von vorne hören.

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