Lese-Umfrage: Bibliothek wird Lernort

Ein Großteil der BerlinerInnen ist mit dem Bibliotheksangebot zufrieden – obwohl die Zahl der Büchereien drastisch gesunken ist.

Schick und beliebt: Die Amerika-Gedenk-Bibliothek Bild: dpa

Die durchschnittliche NutzerIn einer öffentlichen Bibliothek in Berlin ist eine berufstätige Frau ohne Migrationshintergrund zwischen 30 und 49, überdurchschnittlich gebildet und in ihrer Freizeit besonders aktiv. Das lässt sich aus den Ergebnissen einer Umfrage im Auftrag der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) ablesen.

Knapp die Hälfte der BerlinerInnen nutzen die 84 öffentlichen Bibliotheken sowie die ZLB an ihren zwei großen Standorten in Mitte und Kreuzberg. „Über 90 Prozent der BerlinerInnen halten die Bibliotheken für wichtig“, erklärt Charlotta Hardtke-Flodell, die die Umfrage für die ZLB geleitet hat. „Diese hohe Zustimmung zu unserer Arbeit hat uns überrascht“, so Hardtke-Flodell.

Für die Studie wurden 16.000 BerlinerInnen über 14 Jahre im Zeitraum zwischen September 2013 und Januar 2014 zu ihrem Nutzungsverhalten von öffentlichen Bibliotheken und ihrem soziodemografischen Hintergrund befragt. Überraschend findet Hardtke-Flodell auch, dass die Berufstätigen die mit Abstand größte NutzerInnengruppe sind (39 Prozent), gefolgt von RentnerInnen, SchülerInnen und Studierenden. 63 Prozent der NutzerInnen sind Frauen, jede fünfte NutzerIn hat einen Migrationshintergrund, was in etwa dem Migrantenanteil an der Bevölkerung entspricht.

Sechs von zehn NutzerInnen haben Abitur. „Bibliotheken spielen eine große Rolle beim Erreichen höherer Bildungsabschlüsse“, schlussfolgert Hardtke-Flodell. Dass Menschen mit höherem Bildungsstand auch eher eine Bibliothek aufsuchen als solche aus bildungsfernen Milieus, könne natürlich auch sein, räumt sie ein.

Die BerlinerInnen sind angetan von den Büchereien: Über 90 Prozent erklärten, sie seien „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ mit dem Angebot. „Nichts ist so gut, dass man es nicht besser machen kann“, sagt jedoch ZLB-Stiftungsvorstand Volker Heller. Er sieht die Studienergebnisse auch als Grundlage für die zukünftige Ausrichtung der Bibliotheken in Zeiten der digitalen Medien.

Die letzte groß angelegte Studie zum Nutzungsverhalten stammt noch aus dem Jahr 1994. Seitdem hat sich die Bibliothekslandschaft drastisch verändert: Von 225 öffentlichen Bibliotheken existieren heute noch 84. Die Bibliothek entwickle sich immer mehr von einer bloßen Leihstelle zu einem Lern- und Arbeitsort, erklärt Stefan Rogge, geschäftsführender Vorsitzender des Landesverbandes Berlin im Deutschen Bibliothekenverband und Leiter der Stadtbibliothek Mitte. „Man trifft sich zum Arbeiten und Lernen in der Bibliothek.“

Längere Öffnungszeiten seien daher unumgänglich und vom Publikum auch gewünscht. Zudem gebe es eine große Nachfrage nach digitalen Angeboten wie Bibliothek-Apps für mobile Geräte, sagt er. Eine Gefahr für die herkömmliche Bibliothek? Im Gegenteil, findet Rogge: Der Trend gehe dahin, digitale Angebote in Bibliotheken zu nutzen, nicht Bibliotheken durch digitale Angebote zu ersetzen.

„Es ist schön zu sehen, dass wir breit in der Bevölkerung verankert sind, wir müssen aber auch erreichbar sein“, sagt Karen Schmohl vom Landesverband Berlin-Brandenburg im Verein deutscher Bibliothekare. Sie fordert: Um längere Öffnungszeiten und neue Angebote auch umsetzen zu können, müssten die Bibliotheken personell besser ausgestattet werden.

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