: Bürgermeister wusste von nichts
Senatsvorlage zur Neuregelung der Akteneinsicht wurde noch von Scherf initiiert, Böhrnsen zog sie wieder zurück
Bremen taz ■ Irgendwie war alles war ein großes Missverständnis. Die Beschneidung des Rechts auf Akteneinsicht durch Parlamentarier ist jedenfalls vom Tisch. Vorerst zumindest. Da war dem neuen Bürgermeister doch offenbar eine noch vom Vorgänger iniitierte Senatsvorlage durchgerutscht, die die Rechte der Opposition massiv eingeschränkt hätte. Jens Böhrnsen (SPD) aber will das alles gar nicht, heißt es nun. Er wusste scheinbar auch von nichts.
„Das ist Schnee von gestern“, betonte Senatssprecher Klaus Schloesser gestern. Dem Tag, an dem die Vorlage eigentlich hätte verabschiedet werden sollen. Diese sei noch von Staatsrat Reinhard Hoffmann auf Betreiben des damaligen Bürgermeister Henning Scherf erstellt worden, „aber darüber war der neue Bürgermeister nicht informiert“, räumt Schloesser ein.
Auf die Tagesordnung kam die Vorlage dann trotzdem, irgendwie, löste massive Proteste aus – und wurde postwendend wieder zurückgezogen. „Ich gehe davon aus, dass die Vorlage versenkt ist“, sagt Karoline Linnert, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie seien vom Rathaus angerufen und über den Rückzieher informiert worden. „Denen ist das ziemlich peinlich“, glaubt sie.
Ob der „ganze Unfug“, wie Linnert es nennt, damit vorbei sei, könne sie jedoch nicht sagen. Vor allem das Wirtschaftsressort habe Abgeordnete immer wieder am Kopieren gehindert oder Diktiergeräte nicht zugelassen. „Die empfinden dort jede Akteneinsicht als Majestätsbeleidigung.“ Linnert verweist aber auf Artikel 105 der Landesverfassung, der Abgeordneten das Recht auf Einsichtnahme garantiere. Vorsorglich habe ihre Partei deshalb einen Anwalt bestellt, der bei der nächsten Behinderungsaktion klagen werde.
Möglicherweise ist das gar nicht mehr nötig. Bürgermeister Böhrnsen will – anders als Henning Scherf – über die Beschneidung der Rechte der Parlamentarier mit den Parlamentariern reden und eine „einvernehmliche Regelung“ finden. Sagt sein Sprecher. Einen Termin gebe es allerdings nicht. Ginge es nach Parlamentspräsident Christian Weber (SPD), wäre auch keiner nötig: Der hält die bisherige Regelung für absolut ausreichend. amg