Kosovo nach der Wahl: Parlament bestätigt große Koalition

Die Regierungsbildung im Kosovo stößt auf Erleichterung, aber auch auf Kritik. Notwendige grundlegende Reformen sind nicht zu erwarten.

Der neue Regierungschef des Kosovo, Isa Mustafa. Bild: dpa

SARAJEVO taz | Nach einem monatelangen Patt ist es im Kosovo nun gelungen, eine neue Regierung zu bilden. Regierungschef wird der bisherige 63-jährige Oppositionsführer Isa Mustafa von der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK). Der bisherige Premierminister und Vertreter der Demokratischen Partei des Kosovo (PDK) Hashim Thaci wird Außenminister und Vizeregierungschef. Das Parlament bestätigte am Dienstagabend mit 73 zu 38 Stimmen die neue Regierung.

In Pristina sind die Reaktionen über die Regierungsbildung geteilt. Auch bei Vertretern der Zivilgesellschaft herrscht Erleichterung darüber, dass das Tauziehen nach der Wahl am 8. Juni ein Ende hat.

Die PDK hatte die Wahl gewonnen (37 Sitze), konnte jedoch mangels Bündnispartner keine neue Regierung bilden. Oppositionsführer Isa Mustafa war es zwar gelungen, eine Koalition der LDK (30 Sitze) aus mehreren Parteien zusammenzuzimmern, doch das Verfassungsgericht legte sich quer. Die stärkste Partei habe den Auftrag, eine neue Regierung zu bilden und könne nicht übergangen werden, befand das Gericht. So kam es schließlich zum Kompromiss der beiden größten Parteien.

In den meisten Zeitungen des Landes hieß es am Mittwoch, die PDK und die LDK hätten das Fell unter sich aufgeteilt. Reformen wie die Bekämpfung der Korruption oder die Erneuerung des juridischen Systems würden so auf der Strecke bleiben. So sieht auch der jetzt ausgeschiedene bisherige Vizepremierminister des Kosovo, Bujar Bukoshi, kaum Chancen für eine tief greifende Reformpolitik. Die nun größte Oppositionspartei Vetevendosje (Selbstbestimmung), die gegen die Korruption vorgehen will, kann sich jetzt schon freuen, meinen andere Beobachter. Sie würde wohl in Zukunft viel Munition für ihre Kritik an der Regierung geliefert bekommen.

Die Parteien haben laut Presse das Fell unter sich aufgeteilt

Mit Branomir Stojanovic als Vizepremier, Lubomir Maric als Minister für Gemeindeverwaltung und Aleksandar Jablanovic, Minister für Gemeinden und Rückkehr, rücken immerhin drei Serben in das 22-köpfige Kabinett. Erstmals werden damit auch die bisher nicht in der Regierung repräsentierten Serben im Nordteil des Kosovo vertreten sein. Sie sitzen an den Schaltstellen, die für die sechs Prozent der Bevölkerung stellende serbische Minderheit von Bedeutung sind. Damit signalisiert die neue Regierung, dass sie weiterhin an einem Dialog mit den Serben Kosovos und mit Belgrad über praktische Lösungen für die bestehenden Konflikte interessiert ist.

Überraschend ist der umtriebige bisherige Außenminister und Vizepräsident der Regierungspartei PDK, Enver Hoxhaj, nicht mehr im Kabinett vertreten. Falls der bisherige Premierminister und jetzige Außenminister Hashim Thaci, der Kosovo 2007 in die Unabhängigkeit führte, 2016 – wie offenbar verabredet – vom Parlament zum Präsidenten des Landes gewählt wird, würde dieser Posten jedoch wieder frei. Aber auch die profilierte außenpolitische Expertin der LDK, Edita Tahiri, jetzt Ministerin ohne Portefeuille, ist für den Posten geeignet.

Eine gute Nachricht für Kosovo kam am Dienstag vom Internationalen Olympischen Komitee. Das IOC erkannte Kosovo auf seiner Sitzung in Monaco als 205. Vollmitglied an und ermöglicht damit die Teilnahme des Landes an künftigen Olympischen Spielen.

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