LESERINNENBRIEFE
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Schulnoten sind keine Demütigung

■ betr.: „Nicht kaufen! ‚Die Häschenschule‘ ist Trash“, taz vom 27. 3. 13

Die Häschenschule als Spiegelbild unseres Bildungssystems: „Leistungsdruck, Konkurrenzkampf und scharfe Auslese“ bemängelt der Autor. Warum sind die Noten nicht längst aus der Schule verschwunden? Mögliche Erklärung: Man ist einfach neugierig, was die Schüler können. Wer kann wirklich gut Englisch, wer kann sich gut ausdrücken? Man muss sich selbst kennen, wenn man berufliche Weichen stellt. Führungskräfte wollen wissen, wem sie welche Aufgaben anvertrauen können. Wenn man den Schülern dies so erklärt, verstehen sie, dass Noten keine Demütigungsmaschinerie sind, sondern ein Weg, um die besonderen Fähigkeiten der Schüler ans Licht zu bringen. Wenn ich es zu entscheiden hätte, wäre die Gemeinschaftsschule für alle längst Realität. Aber auch innerhalb der jetzigen Strukturen ist sehr viel Spielraum. Ich halte mich als Lehrerin nicht für gescheitert. In meinem Unterricht gibt es immer wieder interessante Gespräche. Aus meiner Häschenschule von 2008 kann ich weder Leistungsdruck noch Konkurrenzkampf herauslesen. ROSEMARIE STEGER, München

Kunstvolle Häschenfantasie

■ betr.: „Nicht kaufen! ‚Die Häschenschule‘ ist Trash“, taz vom 27. 3. 13

Ich verstehe nicht, warum uns selbstberufene Pädagogen immer öfter unsere liebsten Kinderbücher madig machen müssen. Ich bin Jahrgang 69 und habe schon in den 70er Jahren als Siebenjährige begriffen, dass die Häschenschule kein Beispiel für moderne Schulpädagogik ist. Auch heutzutage sind die Kinder nicht so verblödet, dass sie nicht begreifen könnten, dass die Häschenschule in einer anderen Epoche geschrieben wurde, in der eben andere Umgangsformen herrschten. Ich habe dieses Buch als Kind geliebt, es immer wieder gelesen und angesehen und es steht neben auserwählten Kinderbüchern meiner Kindheit noch heute in meinem Regal. Wie kaum ein anderes Buch haben die kunstvollen Illustrationen meine Fantasie beflügelt und mich in die Welt der Häschen träumen lassen. Wenn ich mir die Bilder heute, 35 Jahre später, ansehe, stelle ich fest, dass es dort immer noch Details zu entdecken gibt. Das müssen die Kinderbücher von heute erst einmal schaffen, aber statt die Fantasie anzuregen, verkaufen die Autoren den Kindern heute lieber moralische Werte, als ob es davon nicht im Alltag schon genug gäbe.

ANTJE VORWERK, Berlin

Ein Klassiker im Zeitgeist der 20er

■ betr.: „Nicht kaufen! ‚Die Häschenschule‘ ist Trash“, taz vom 27. 3. 13

Auch wenn das Buch „Die Häschenschule“ im Zeitgeist der 20er Jahre verfasst worden ist und erziehen sollte, muss es zum einen nicht heißen, dass es damals geklappt hat, und es sagt zum anderen auch nichts darüber aus, warum es Kinder von heute immer noch zu diesem Buch hinzieht. Grund dafür ist nämlich, dass Jungen und Mädchen es nicht als Erziehungslektüre nutzen, sondern als Identifikationsobjekt für eigene Ängste, Unsicherheiten und Scham, von denen sie im Alltag oft überwältigt werden (Schuleintritt, Versagen in der Kita usw.).

Auch heute erfahren Kinder Strafe und Autorität, zwar in einer anderen Form als 1924, aber in einer subtilen, verschleierten Form, die das Verarbeiten dieser Erfahrung sogar erschwert. So brauchen sie Medien, die ihre Gefühle repräsentieren und verstehen. Der Hasenjunge Max wird zu ihrem Selbst und zeigt, wie er mit den Herausforderungen seiner Zeit umgeht. Max traut sich trotz der Biederkeit der damaligen Zeit, Unfug zu machen. Die Subtanz des Buches liegt in den latenten Sinninhalten der Geschichte, und genau das nehmen sich Kinder als Schablone für die heutige Zeit. Dem Autor der „Häschenschule“ ist es unbeabsichtigt gelungen, einen Klassiker zu verfassen, der auf die Themen von Kindern in jedem Zeitgeist trifft.

JULIANE MILK, Dresden

NPD austrocknen

■ betr.: „FDP will Verfahren kippen“, taz vom 20. 3. 13

Wieso redet eigentlich niemand über einfache Regulatorien wie die Parteienfinanzierung, hier lässt sich die sichtbare Spitze der Ewiggestrigen doch unproblematisch austrocknen. Vielleicht weil dann auch über die eigene Finanzierung diskutiert werden müsste? Typisch deutsch, erst die anderen, wir erst mal noch nicht? Auch Regelungen wie: Definiert vorbestrafte Bürger dürfen sich in Vereinen betätigen, jedoch nicht in Parteien, sind durchaus mal anzudenken, auch wenn das manch andere „Weltverbesserer mit Wahrnehmungsstörung“ auch treffen könnte. Denn ist ein Gesetzesverstoß, besonders mit Vorsatz, zu vereinbaren mit rechtsstaatlichen Verwaltungs-/Entscheidungsträgern? HENDRIK FLÖTING, Berlin