: Das große Immobilientheater
Ein Projektentwickler will das Ku’dammkarree zur Shopping-Mall umbauen. Dem stehen die Komödie und das Theater am Kurfürstendamm im Weg. Dabei sind die Privatbühnen die Attraktion des Hauses
VON ESTHER SLEVOGT
Das Ku’dammkarree stammt aus einer Zeit, als die spätere Vermietbarkeit einer Immobilie für Bauherren keine Rolle spielte. Die Rentabilität war Anfang der 70er-Jahre schon erfüllt, wenn sich die Kosten für den Bau steuersparend absetzen ließen. Alle anderen Risiken wurden vom Steuerzahler getragen. So geriet die Architektur des zwischen 1970 und 1974 auf einem Areal von etwa 20.000 Quadratmetern errichteten Hochhauses auch nicht besonders brauchbar. Es wurde um die bereits bestehenden Bühnen Kömodie und Theater am Kurfürstendamm (siehe unten) herumgebaut.
Der heutige Eigentümer – ein Immobilienfonds der Deutschen Bank – aber rechnet anders. Ein Projektentwickler will das Karree zur schicken Shopping-Mall umbauen. Dafür braucht er vor allem eine repräsentative Front zum Ku’damm. Weil dort immer noch die traditionsreichen Theater residieren, sollen die jetzt weg oder ins Innere des Gebäudes verschwinden.
Zwischen den Theatern blieb beim Bau der 70er-Jahre nur noch Platz für eine zu viel schmale Passage ins Innere. Lange war das Gebäude lediglich für Institutionen wie das Teddymuseum oder die berüchtigte Säufermeile Sperlingsgasse attraktiv, wo westdeutsche Touristen busladungsweise abgefüllt wurden. Nur die beiden Theater funktionierten. Die Zuschauerräume hatten durch den Umbau ihre Kuppeln eingebüßt, aber die Bühnen lebten und setzten als integraler Bestandteil des Westberliner Kulturbetriebs erfolgreich ihren Spielbetrieb fort.
Ende der 80er übernahm der Bauunternehmer Raffael Roth die marode Immobilie, sanierte aufwändig, und zum ersten Mal kam Leben ins Karree. Ein großer Media-Markt und andere Gewerbemieter bezogen den Komplex, darunter auch das Historienspektakel „Story of Berlin“. Vor zwei Jahren verkaufte Roth dann an den Immobilienfonds. Der ist jetzt in Schwierigkeiten geraten. Insider vermuten, dass er von Anfang an zu teuer aufgelegt war. Jetzt ist er durch die schlechte Vermietungslage im Karree zusätzlich unter Druck geraten. Das Mediakaufhaus wurde wegen Unrentabilität im Frühjahr geschlossen. Ein anderer Großmieter, die Wirtschaftsprüfergesellschafft KPMG, bezog repräsentativere Räume am Köbisdreieck.
Die privat geführten Theater sind noch da. Ku’damm-Gewerbemieten können sie aber nicht zahlen. Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) will auch kein Geld dazugeben, das letztlich nur einem Immobilienfonds zugute kommen würde. Dessen Pläne erscheinen zudem abstrus. Zum einen würde die Verlagerung der Theater die Kosten weiter in die Höhe treiben. Zum anderen hat am Ku’damm noch nie jemand mit einer Shopping-Mall Geld verdient. Das Ku’damm-Eck wurde wegen Unrentabilität durch einen Hotelbau ersetzt. Die Gloria-Passage gibt es längst nicht mehr. Andere Passagen dümpeln. Jetzt sollen für eine vorhersehbare Totgeburt die beiden Berliner Traditionsbühnen geopfert werden. Bloß das macht den Fonds auch nicht wieder fett.