Neue Gesetzgebung für Überwachung: Frankreichs strategisches Schweigen

Frankreich will die Rechte der Geheimdienste ausweiten. Dann darf ohne richterliche Anordnung angezapft und auf Vorrat gespeichert werden.

Selbst der Élysée-Palast soll vom BND belauscht worden sein. Doch die große Empörung bleibt in Paris aus. Bild: reuters

PARIS taz | Der BND-Skandal hat in Deutschland empörte Reaktionen ausgelöst, nicht aber in Frankreich, wo selbst der Élysée-Palast von Präsident François Hollande und der Sitz der Regierung nicht vor dem Lauschangriff sicher gewesen sein sollen. Weder Hollande noch Premierminister Manuel Valls haben sich öffentlich dazu geäußert.

Schwamm drüber, meint das Außenministerium, Deutschland habe eine parlamentarische Untersuchung durchgeführt, die eine Überprüfung der USA-Kooperation zur Folge habe. Kurz, Berlin habe das Nötige getan. Paris stehe darum weiterhin in engem Kontakt mit Berlin, ließ Minister Laurent Fabius mitteilen.

Reaktionen gab es nur von ganz rechts und links. Als „Schande“ bezeichnete es FN-Generalsekretär Florian Philippot, dass Deutschland Frankreich ausspioniert hat. Auch Nicolas Dupont-Aignan, Chef der rechten Kleinpartei Debout la France, fordert, Angela Merkel müsse sich öffentlich bei den Franzosen entschuldigen. Dasselbe verlangt Jean-Luc Mélenchon von der französischen Linkspartei.

Dass die Regierung schweigt, ist nicht verwunderlich. Denn am Dienstag lässt sie ein umfassendes Gesetz mit stark erweiterten Kompetenzen für die nachrichtendienstliche Überwachung verabschieden. Sie hat schlicht kein Interesse an einem Spionageskandal.

In aller Illegalität

Denn längst ist bekannt, dass im Gebäude des französischen Nachrichtendienstes DGSE ein kleiner Bruder von „Big Brother“ NSA installiert ist, der schon bisher großräumig – in aller Illegalität – alle Kommunikationskanäle, inklusive Telefonkabel, die von der Atlantikküste nach Übersee gehen, anzapft. Nun soll das nicht nur legalisiert, sondern noch erweitert werden. Ohne richterliche Anordnung, nur mit Kenntnisnahme durch den Premierminister, darf praktisch jede Form von Kommunikation per Telefon oder Internet überwacht werden. Die Verbindungsdaten bleiben dabei auf Vorrat gespeichert, was bei Ermittlungen detaillierte Angaben über Nutzer und ihren Standort, über Häufigkeit und Dauer der Gespräche liefert.

Auch der Inhalt kann nach vorgefertigten Algorithmen überwacht werden. Alles wird mit „nationalen Interessen“ der Terrorbekämpfung gerechtfertigt. Der Vorsitzende der bisherigen staatlichen Kontrollkommission für die Geheimdienste, Jean-Marie Delarue, betrachtet diese Gesetzgebung als „Gefahr selbst in den Händen (demokratischer Behörden) der Republik“.

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