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  • 11.5.2015

was fehlt ...

... die Interpunktion

Patrick Stewart (Nein, nicht der Schauspieler!), der 61-jährige Doktorand leistet Widerstand – grammatikalischen Widerstand. Ende Februar reichte er seine Dissertation mit dem Titel „Indigenous Architecture through Indigenous Knowledge“ an der University of British Columbia ein und stieß auf Kritik. Denn er schrieb 52.438 Wörter, 149 Seiten ganz ohne Interpunktion. „In einem“, wie Stewart es in einem Interview mit der National Post zu sagen pflegt, „langen, von vorne bis hinten fortlaufendem Satz.“. Es gibt keine Absätze, Punkte und Kommata, die Großschreibung meidet er. Nur Fragezeichen und die normale englische Rechtschreibung lässt er zu. Stewart wird vom Ethikrat der University of British Columbia vorgeworfen, er könne die Sprache nicht. Sie empfehlen ihm sogar einen Lektoren einzustellen. Stewart ist tatsächlich ein Angehöriger der Nisga'a, einem indigenen Volk, im Nordwesten der kanadischen Provinz British Columbia. Er schrieb die erste Fassung seiner Doktorarbeit in der Nisga'a-Sprache, doch war gezwungen sie wegen Unverständlichkeit ins Englische zu übersetzen. Aber Patrick Stewart kann die englische Sprache und verteidigt sich. „Es steht nichts zur Formatierung und Interpunktion in den Regeln (UBC dissertation)“, sagt er der National Post. Er schreibt auf diese Weise, weil er es so will. Ein bisschen, wie ein 19-Jähriger der gerade E.E. Cummings' Literatur entdeckt. Stewart ist ein Dekonstruktivist. Er löst sich von der „blinden Akzeptanz der englischen Sprache in der akademischen Welt“ und lässt seinen persönlichen Stil auf Wissenschaft treffen. Stewart setzt damit ein Statement zur Kultur der Einheimischen, dem Kolonialismus und der herrschenden Sprachkonvention. Es ist ein grammatikalischer Protest für das Aufleben eines Sprachbewusstseins. Am 23. April hat er die Verteidigung der Doktorarbeit bestanden. Für die, die seine Arbeiten nicht verstehen, schreibt er vor jedem Kapitel eine Zusammenfassung in akademischem Standard-Englisch. „He refused to fiddle with the rest.“ (jru)