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Archiv-Artikel

Ministerin probt den Seiltanz

Opposition fordert Wirtschaftsministerin Thoben zu hartem Kurs gegen Energieversorger auf. Die Ministerin will Preiserhöhungen allerdings nicht kategorisch verbieten. Heute Treffen mit RWE

VON KLAUS JANSENUND ELMAR KOK

Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) will sich heute die geplanten Strompreiserhöhungen des Energieriesen RWE persönlich erklären lassen. Es bestehe noch „Klärungsbedarf“, bevor das Ministerium einer Preiserhöhung zustimmen könne, sagte Thobens Sprecher Joachim Neuser. Medienberichten zufolge will RWE die Preise zum 1. Januar um rund sechs Prozent erhöhen. Die dem Ministerium bislang vorgelegten Unterlagen reichen zur Begründung aber offenbar nicht aus.

Nachdem die hessische Landesregierung am Wochenende sämtliche Preiserhöhungen verboten hatte, fordert die Opposition in NRW ebenfalls eine harte Linie gegenüber den Energieversorgern. „Frau Thoben muss die Gangart verschärfen“, sagte Ex-Energieminister Axel Horstmann (SPD) der taz. Der grüne Energiepolitiker Reiner Priggen forderte Thoben auf, dem hessischen Beispiel zu folgen: „Es gibt keinen Grund, die Kostensituation der Versorger hier anders zu bewerten als dort.“

Das Verfahren des Ministeriums sieht bisher vor, aus den beantragten Strompreiserhöhungen einen Mittelwert zu bilden. Unternehmen, die über diesem Wert liegen, werden aufgefordert, ihre Preiserhöhung „in einer kaufmännischen Gesamtrechnung plausibel zu machen“, so Neuser. Allerdings sind in NRW die meisten regionalen Kleinversorger von den großen Unternehmen abhängig. Eon und RWE versorgen so rund 80 Prozent der Verbraucher in NRW. So zum Beispiel die Dortmunder Energie und Wasser (DEW): Der Regionalversorger bezieht seinen Strom von der RWE, „natürlich zu marktüblichen Preisen“, wie DEW-Sprecherin Gabi Dobovisek sagt. Als Begründung für die geplante Erhöhung zum Jahresbeginn nennt Dobovisek die Strombeschaffungspreise. Und die werden bei der DEW von der RWE festgelegt.

Der Bund der Energieverbraucher kritisiert deshalb schon das Verfahren des Ministeriums zur Genehmigung der Preiserhöhungen. Denn der Mittelwert werde schon durch den Stromlieferanten vorgegeben, sagt Aribert Peters, Vorsitzender des Verbandes. „Das ist so, als ob sich Eon und RWE ihre Preiserhöhungen quasi selbst genehmigten“. Hinzu kommt, dass sich auch unabhängige Versorger eingeladen fühlen, dem Vorbild der Großen zu folgen: So erhöhen auch die Stadtwerke Aachen die Preise – obwohl sie ihren Strom selbst erzeugen. „Wir haben eine Erhöhung knapp über dem Durchschnitt beantragt“, so Sprecherin Melanie Hörmann.

Oppositionspolitiker Priggen hält das von Thoben angewandte Durchschnittsverfahren deshalb für eine Einladung zu Preiserhöhungen. „Einen Mittelwert kann jede Oberstufenklasse prüfen, da brächten wir keine hochqualifizierte Aufsichtsbehörde“, sagt er. „Was jetzt gemacht wird, sind Mickey-Maus-Kontrollen.“