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Archiv-Artikel

Ärzte heilen ihre Einkünfte

Mediziner in Hamburgs Krankenhäusern bringen Tarifvertrag in eigener Sache auf den Weg. Schwestern und Pfleger werden dafür bluten müssen, befürchtet die Gewerkschaft ver.di

Von Elke Spanner

Der erste Schritt ist gemacht. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat sich mit dem Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg (KAH) auf ein neues Arbeitszeitmodell für Klinikärzte verständigt. Erzielen die Verhandlungspartner auch hinsichtlich der Vergütung, Urlaubsansprüche und Kündigungsregeln Einigung, wird es voraussichtlich ab Frühjahr einen spezifischen Tarifvertrag für Krankenhausärzte geben.

Das könnte die Position der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erheblich schwächen. Die will die Arbeitgeber zur Übernahme des allgemeinen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für alle Berufsgruppen in Hamburgs Krankenhäusern bewegen.

Allein den Ärzten aber stellen die Krankenhausunternehmen nun Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen in Aussicht. Zwar wird deren vertraglich fixierte Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 Stunden erhöht – die Ärzte sollen selbst entscheiden dürfen, ob sie sogar auf 48 Stunden aufstocken wollen. Die darüber hinausgehenden Bereitschaftsdienste aber werden so begrenzt, dass ein Mediziner sich maximal 56 Stunden die Woche in der Klinik aufhalten darf. Bisher, sagt der Bundesvorsitzende des Marburger Bundes, Frank-Ulrich Montgomery, sind „zwischen 70 und 80 Stunden die Woche die Regel“.

Zudem sollen die Bereitschaftsdienste, also die Einsätze in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen, in Zukunft als Arbeitszeit voll entlohnt werden. Zurzeit gibt es für die Bereitschaften weitaus weniger Geld. Die volle Entlohnung einzuführen, entspricht einer mehrere Jahre alten Forderung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Der allerdings hatte auch verlangt, dass die Arbeitszeit der Ärzte einschließlich der Bereitschaftsdienste maximal 48 Stunden betragen darf.

Die Krankenhausunternehmen gehen nicht davon aus, dass sie mehr Ärzte einstellen werden, um die reduzierte Arbeitszeit der Übrigen auszugleichen. Dieter Brenneis von der Asklepios GmbH, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, setzt auf eine „Umorganisation“ in den Kliniken. Zu Neueinstellungen „muss es dann nicht kommen“, sagt er, „ich kann es aber auch nicht ausschließen“. Sollten weitere Mediziner unter Vertrag genommen werden, müsste das für die Kliniken selbstredend „kostenneutral“ sein.

Sowohl der KAH als auch der Marburger Bund sind zuversichtlich, sich auch hinsichtlich eines neuen Lohnmodells einigen zu können. Die Forderung der Ärztevertreter beläuft sich zurzeit auf eine Lohnerhöhung von 30 Prozent gegenüber dem derzeitigen Gehalt. „Wir wollen erreichen, dass ein Arzt mit seinem Grundgehalt eine Familie ernähren kann“, sagt Montgomery. „Dafür darf es nicht nötig sein, viele Extradienste zu leisten.“ Brenneis sagt, von der Forderung nach 30 Prozent lasse er sich „nicht schocken“. Auch er geht davon aus, dass sich beim Gehalt für die Ärzte in Kliniken „deutlich etwas tun wird“. Das müsse nicht zwangsläufig bedeuten, dass den übrigen Berufsgruppen „etwas weggenommen wird“.

Davon aber geht ver.di aus. Die Gewerkschaft sieht durch die Verhandlungen des Marburger Bundes die eigenen Bemühungen torpediert, Verbesserungen für alle Berufsgruppen zu erreichen. „Wenn die Ärzte für sich Lohnerhöhungen aushandeln, bedeutet das, dass die anderen Berufsgruppen in den Kliniken noch mehr zur Kasse gebeten werden“, sagt Gewerkschaftssekretärin Hilke Stein. „Bei den übrigen Beschäftigten gibt es wenig Verständnis für das Vorgehen der Ärzte.“