: Alles zu seiner Zeit
Fristverlängerung beim Kartellamt: Springer verschafft sich mehr Luft für die Übernahme von ProSiebenSat.1
Eindeutiger ging’s nicht: Springer mache Fernsehen ganz oder gar nicht. Und das bedeutete vor drei Jahren erst mal: gar nicht. Das jedenfalls sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner Mitte Dezember 2002 dem Spiegel und kündigte an, dass sich der Verlag komplett aus dem TV-Geschäft zurückziehen wolle.
Drei Jahre danach ist die Situation bekanntlich eine komplett andere: Seit August ist klar, dass Springer sehr wohl Fernsehen machen und dafür die Sendergruppe ProSiebenSat.1 übernehmen will. Vielleicht nicht um jeden Preis, nicht jedenfalls um den Preis, den das Bundeskartellamt fordern würde, das unter anderem Springers Dominanz auf dem Markt für Boulevardzeitungen übel aufstößt. Aber ganz so leicht geschlagen geben will sich Döpfner den Einwänden der Medienwächter beim wichtigsten Geschäft seiner Karriere nicht.
Dabei sieht es kaum so aus, als sei das Kartellamt bereit, seine bisherigen Bedenken gegen die Fusion zu revidieren. Am Freitag schlug Kartellamts-Chef Ulf Böge im Interview mit der FAZ quasi den letzten Nagel in den Sarg des Geschäfts. Die starke Position von Springer werde durch die Übernahme der Sendergruppe noch verstärkt. „Das geht kartellrechtlich nicht“, argumentierte Böge und kündigte eine Entscheidung noch vor Weihnachten an. Die ist nun wieder vom Tisch. Springer hat eine Verlängerung der Genehmigungsfrist erreicht, um doch noch zum Zug zu kommen und sich als „Medienhaus“ für die Zukunft zu positionieren. Endgültig entschieden werden soll nach derzeitigem Stand am 20. Januar.
Der Verlag argumentiert, das Geschäft müsse von den Kartellwächtern neu bewertet werden – und beruft sich dabei ausgerechnet auf die zweite Instanz, die zu entscheiden hat, ob der Deal durchgeht: die KEK. Die hatte gefordert, Springer müsse einen voll verantwortlichen Fernsehbeirat für einen Sender installieren, um die Genehmigung zu bekommen. Nun sieht es so aus, als ob Döpfner darauf eingehen wolle. Dieses Zugeständnis habe dann „maßgebliche Wirkungen auf die kartellrechtliche Beurteilung“, heißt es bei Springer.
Dass der Verlag auf diese Weise die Kontrollinstanzen gegeneinander ausspielen kann, ist dennoch unwahrscheinlich. Böge hat bereits erklärt, die Einrichtung eines Fernsehbeirats sei für die kartellrechtliche Bewertung nicht relevant. Springer argumentiert genau gegenteilig – womöglich ein geschickter Schachzug, um Argumente für eine Entscheidung vor Gericht zu sammeln, falls die Ablehnung aus Bonn tatsächlich kommt. Mit einem nachträglichen Geburtstagsgeschenk vom Kartellamt wird Springer-Chef Döpfner, der am 15. Januar 43 Jahre alt wird, jedenfalls kaum rechnen. PSR