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Archiv-Artikel

„Der Schaden wird immer größer“

In Frankfurter Bankenkreisen wird bereits über mögliche Nachfolger für Josef Ackermann spekuliert

FRANKFURT/M. taz ■ Die Aufhebung der Freisprüche für den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann (57), und seine fünf Mitangeklagten im Mannesmann-Prozess traf die Deutsche Bank zu einem ungünstigen Zeitpunkt: während der Krise um den mutmaßlich widerrechtlich vom offenen zum geschlossenen Immobilienfonds mutierten Anlagefonds der Tochtergesellschaft DB Real Estate. Das „missratene Krisenmanagement“ dort lasten Börsianer vor allem dem Chef der Deutschen Bank an. Ackermann, so die allgemeine Kritik, mangele es eben am nötigen Fingerspitzengefühl.

Im Februar erst hatte Ackermann die Verkündung des um 87 Prozent auf 2,55 Milliarden Euro gestiegenen Gewinns der Bank in 2004 mit der Ankündigung des Abbaus von 6.400 Stellen verbunden und damit bundesweit für Empörung gesorgt. Der damalige Generalsekretär der SPD, Klaus Uwe Benneter, forderte von der Bank, „auf den Deutschlandbezug im Namen zu verzichten“. Fernsehsender zeigten prompt wieder die Bilder, die Ackermann im ersten Mannesmann-Verfahren geliefert hatte: arrogant mit den zum Siegeszeichen erhobenen Fingern vor der Anklagebank.

„Der Schaden für die Bank wird immer größer“, sagte gestern Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. An der Börse glaubt man, dass Ackermann nicht mehr lange Chef der Deutschen Bank bleiben wird. „Die Bank wird sich keinen neuen Prozess mit ungewissem Ausgang leisten können, bei dem ihr Boss die Hauptrolle spielt“, sagte ein Fondsmanager einer konkurrierenden Bank nicht ohne Schadenfreude der taz. Unmittelbar vor der Entscheidung des BGH hatte der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bank, Rolf E. Breuer, erklärt, dass er in Erwartung des Urteils seine „Denkkappe“ aufgesetzt habe. Ungewohnt offen äußerte sich Breuer gegenüber der Financial Times Deutschland über eine Nachfolgeregelung für Ackermann: „Ich favorisiere sehr stark einen internen Kandidaten“, sagte er. Ackermann selber hingegen meldete gestern abend und wies Spekulationen über seinen Rücktritt zurück.

Zuvor waren die Namen Jürgen Fitschen und Rainer Neske, der eine Investmentbanker, der andere verantwortlich für die Sparte Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank, als mögliche Nachfolgekandidaten genannt worden. Hätten die Beschäftigten zu entscheiden, würde wohl der erst 40 Jahre alte, unkonventionelle Neske zum Zuge kommen. Neske kommt von der Bank 24 und kurbelte auch das Retailbanking an, nachdem die Kundschaft aus dem Mittelstand und die Privatanleger noch unter dem Vorstandsvorsitzenden Breuer als aussterbende Spezies stiefmütterlich behandelt wurden.

Ackermann holte dann 2002 Neske. Und wie dessen Philosophie aussieht, können sich Bankkunden in Berlin auch ansehen: in der Filiale Q 110 in der Friedrichstraße. Das ist ein Finanzdienstleistungssupermarkt und ein Ort für Ausstellungen aller Art mit angeschlossenem Café; für Neske „das Fenster zur Zukunft“. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT