Zwei Perspektiven für eine Ruderin

Die Berlinerin Britta Oppelt errang bei Olympischen Spielen und der Weltmeisterschaft je eine Silbermedaille. Ein Sportstar wurde sie doch nicht. Nun will die 27-Jährige Gold, möglichst bei Olympia 2008 in Peking. Nebenbei wird sie Polizistin

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Manchmal wird von der Holzmedaille gesprochen, bisweilen von der Blechplakette. Sportler, die bei Großereignissen wie Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen am Ende als Vierte im Klassement geführt werden, haben es schwer, wahrgenommen zu werden. Was für die Sportöffentlichkeit, gerade in den so genannten Randsportarten zählt, muss schon aus Edelmetall gefertigt sein. Doch auch das reicht manchmal nicht. Die Berliner Ruderin Britta Oppelt ist in diesem Jahr Vizeweltmeisterin geworden, letztes Jahr holte sie olympisches Silber. Dennoch ist sie nicht zum gefeierten Star aufgestiegen. Wer als Ruderin wahrgenommen werden will, der muss schon Gold holen.

Genau das ist ihr Ziel. „Ich habe keine Lust mehr auf diese zweiten Plätze“, sagt sie. Der Traum von Gold, möglichst bei Olympia 2008 in Peking, treibt sie an. Sieben Tage in der Woche arbeitet sie an seiner Erfüllung. Rudern ist schon lange eine Ganzjahressportart.

Vor einem Jahr, als sie mit Silber von den Olympischen Spielen in Athen nach Berlin zurückgekehrt war, war allerdings nicht gewiss, ob sie weitermachen wird als Leistungssportlerin. Ganz knapp war sie mit ihrer Partnerin Peggy Waleska im Doppelzweier am ganz großen Coup vorbeigerudert. Zunächst konnte sie sich gar nicht so recht freuen über ihre Medaille. Bundestrainerin Jutta Lau hatte kurz vor den Spielen die Boote neu zusammengestellt. Während der Saison hatte Britta Oppelt noch im Vierer gesessen. Der holte in Athen Gold. Die Vorbereitungszeit mit ihrer neuen Zweierpartnerin war für den ganz großen Wurf zu kurz. Das Wort von der „gestohlenen Goldmedaille“ machte die Runde.

Oppelt hatte bis zu diesem Zeitpunkt im Küchengeschäft ihres Vaters als Büroangestellte gearbeitet. Die ruderbegeisterten Eltern hielten ihr den Rücken frei, wenn es galt, sich auf die sportlichen Großereignisse zu konzentrieren. Doch das Geschäft ging Pleite, und Britta Oppelt stand vor einer ungewissen Zukunft. Vor allem eine berufliche Perspektive fehlte. „Natürlich wollte ich weitermachen, aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, wie das gehen sollte“, erinnert sie sich.

Zusammen mit der Bundestrainerin, die eine ihrer besten Athletinnen unbedingt halten wollte, erarbeitete sie eine Bewerbung für die Sportgruppe der Bundespolizei in Cottbus. Dort werden junge Spitzensportler per Blockkurs im Herbst zu Polizeimeistern ausgebildet. Britta Oppelt ist dankbar, dass sie die Chance erhalten hat, neben dem Leistungssport eine Berufsausbildung machen zu können. Sie ist begeistert vom Cottbusser Modell: „Endlich haben die Verbände erkannt, wie wichtig es ist, den Sportlern auch eine Perspektive über die Zeit der Karriere hinaus zu bieten.“ Mit ihren 27 Jahren ist sie ungewöhnlich alt für die Polizeiausbildung. Die Zweitälteste in ihrer Klasse ist 22. Zwischenmenschliche Probleme bringt das jedoch nicht mit sich: „Leistungssportler ticken da etwas anders“, sagt sie.

Und Leistungssportlerin wollte sie schon früh werden. Ihre Eltern hatten die kleine Britta immer in ihren Ruderklub mitgenommen. Wenn bei der Rudervereinigung Hellas-Titania an der Scharfen Lanke Weihnachtsfeier war, das Pfingstsingen anstand oder es sonst etwas zu feiern gab, Klein-Britta war immer dabei. „Da war es nur logisch, dass ich irgendwann ins Boot steigen will“, erzählt sie. Noch heute gerät sie ins Schwärmen, wenn sie nach dem besonderen Reiz des Rudersports gefragt wird: „Ich genieße es im Frühling rauszurudern, morgens, wenn noch keine Motorboote und Segelschiffe unterwegs sind. Dann spüre ich die Ruhe bei spiegelglattem Wasser, die Natur und den eigenen Körper.“

Im Winter hat allerdings das Training am Ergometer Vorrang. Nach den Unterrichtseinheiten in Cottbus geht es in die Übungsräume. Zwar hat sie ihr Boot in einem Kajakclub an der Spree untergestellt, doch das Training auf den kurvenreichen Strecken ist alles andere als optimal. Sobald das Wochenende kommt, bricht sie auf Richtung Berlin, stellt ihre Sachen in der elterlichen Wohnung unter und fährt nach Potsdam zum Bundesstützpunkt der Ruderer. Auch das Wochenende gehört dem Sport.

Im Februar brechen die besten deutschen Ruderer auf nach Sevilla, zum Trainingslager. „Das machen wir nicht, um uns an der Frühlingsblüte zu erfreuen, so etwas bekommen wir gar nicht so richtig mit“, sagt Britta Oppelt ernst. Das Training in Andalusien ist nichts als eine Etappe auf dem Weg zu ihrem großen Ziel, auf dem Weg zu Gold.