Oslo spaltet Männerbünde

Die norwegische Regierung schreibt den Konzernen eine Frauenquote vor: Haben sie keine 40 Prozent Frauen in ihren Führungsgremien, müssen sie mit Zwangsliquidierung rechnen

von BEATE WILLMS
und REINHARD WOLFF

Die norwegische Regierung macht Ernst mit der Gleichberechtigung in der Wirtschaft. Am 1. Januar tritt ein Quotengesetz in Kraft. Danach werden Unternehmen nur dann neu an der Börse zugelassen, wenn an der Konzernspitze jedes Geschlecht mit mindestens 40 Prozent repräsentiert ist. Die 519 schon jetzt an der Börse in Oslo notierten Aktiengesellschaften müssen die Quote binnen zwei Jahren erfüllen. Ansonsten können sie wegen Verstoßes gegen das Aktiengesetz aus dem Gesellschaftsregister gestrichen und zwangsliquidiert werden. Norwegen ist weltweit das erste Land mit einer gesetzlichen Regelung, die auch Sanktionen vorsieht.

Die Zielmarke von 40 Prozent hatte Oslo bereits 1995 ausgegeben und zunächst auf Einsicht gesetzt. Inzwischen liegen die norwegischen Aktiengesellschaften mit einem Frauenanteil von 22 Prozent an den Top-Positionen zwar weltweit vorn. Die 40-Prozent-Hürde aber nehmen gerade mal 58 Unternehmen – 11 Prozent der Zielgruppe.

Ein Vergleich mit anderen Ländern ist wegen der unterschiedlichen Unternehmensstrukturen mit Vorsicht zu genießen. So gilt in Norwegen – wie in Schweden, das einen Frauenanteil von 20 Prozent hat – das angelsächsische Prinzip des One Board, das die Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat vereinigt. In Deutschland dagegen sind die Funktionen getrennt. Trotzdem lässt sich nicht übersehen, dass deutsche Unternehmen in Sachen Gleichberechtigung wenig zu melden haben. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die Kapitalvertreter: In den Aufsichtsräten der Dax-, M-Dax- oder TecDax-Unternehmen, die wegen der Mitbestimmung aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammengesetzt sind, liegt der Frauenanteil insgesamt bei 11 Prozent. Dabei ist nur jedes 33. Aufsichtsratsmitglied der Kapitalseite eine Frau, auf der Arbeitnehmerbank sitzt auf jedem 5. Posten eine. In den Vorständen spielen Frauen mit einem Anteil von 2 Prozent kaum eine Rolle. Ein Quotengesetz ist aber nicht im Gespräch.

Die nun in Kraft tretende norwegische Regelung war bereits unter der konservativen Vorgängerin der jetzigen rot-grünen Regierungskoalition verabschiedet worden. Einwände aus der Wirtschaft, es gebe nicht genug kompetente weibliche Führungskräfte, hatte die ehemalige christdemokratische Familienministerin Laila Dåvøy zurückgewiesen. Sie initiierte eine zentrale Datenbank für qualifizierte Frauen, in der heute mehr als 4.000 Adressen abgerufen werden können.

Als Nächstes will Schweden dem norwegischen Beispiel folgen und ebenfalls ein Quotengesetz einbringen. „Eingeschlechtliche Machtstrukturen haben keine Legitimität“, erklärt Gudrun Schyman, ehemalige Vorsitzende der Linkspartei. Die „Homosozialität, in der Frauen als abweichend und drohend verstanden werden“, müsse aufgebrochen werden. Obwohl das grundsätzlich Konsens ist, lehnen aber neben den Wirtschaftsverbänden auch viele Gewerkschafter eine Zwangslösung ab. Sie setzen lieber auf Überzeugung. Auch neun von zehn weiblichen Chefs haben sich gegen eine geschlechtsspezifische Quotierung ausgesprochen. Hauptargument: Als Quotenfrauen müssten Frauen erst recht mit Misstrauen rechnen.