Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Vor ein paar Wochen hat Anne Tismer in der Harald-Schmidt-Show schon mal einen Vorgeschmack auf den radikalen Autismus ihrer neuen Produktion gegeben, die den Titel „Hitlerine“ trägt und das Assoziationsfeld nicht nur Richtung Adolf, sondern anderen Niedlichkeiten öffnet und dabei direkt nach Afrika führt, wo sich neuerdings so mancher Künstler Erholung von der Barbarei der abendländischen Kultur erhofft. Auch inhaltlich spielen der Autismus und seine Folgen für unterschiedlichste Landstriche zwischen Oberammergau und Ouagadougou eine Rolle. Dabei lässt die Tatsache, dass Felix Loycke von Das Helmi mit von der Partie ist, auf multiple Ebenen des höheren Blödsinns hoffen. Premiere ist Sonntagabend im Prater der Volksbühne. Schwer trug der Schriftsteller Bernward Vesper an der Nazivergangenheit seines Vaters Will und auch an der Beziehung zu Gudrun Ensslin. Sein als LSD-Trip geschilderter Roman „Die Reise“ führt in die Hölle der Seele der Nachkriegsgeneration und durch das finstere Land, das die Bundesrepublik um 1970 noch gewesen ist. Im Oktober 2008 hat das Theater Erlangen eine Theateradaption des 700-Seiten-Fragments uraufgeführt. Jetzt hat Eike Hannemanns Inszenierung den Weg nach Berlin gefunden, in die Vagantenbühne, wo sie ab Donnerstag zu sehen ist. Auch Thomas Freyers neues Stück „Im Rücken die Stadt“ erzählt in gewissem Sinn von einer Reise: der Reise einer jungen Frau zurück in ihre strukturschwache Heimat. Die Stadt liegt im Osten, der Vater, im neuen Deutschland nach 1989 nie angekommen, ist längst gestorben und lebt doch als dunkles Gespenst in der Familie weiter. Die 26-jährige Regisseurin Nora Schlocker inszeniert die Uraufführung des Stückes, das auch Fragen stellt, wie man heute leben soll. Und vor allem kann. Ab Samstag im Gorki Studio.

■ „Hitlerine“: Prater der Volksbühne, ab So

■ „Die Reise“: Vagantenbühne, Do–Sa

■ „Im Rücken die Stadt“: Gorki Studio, ab Sa