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Archiv-Artikel

Die freundliche Version des Fußballs

FINALE Die Fußballfrauen des VfL Wolfsburg stehen vor dem größten Erfolg in ihrer Vereinsgeschichte

„Bei uns passt im Moment einfach alles zusammen“

SELINA WAGNER, TORSCHÜTZIN

Der böse Verdacht, dass Siege in Serie langweilig sein könnten, war ganz schnell verscheucht. Denn das ausgelassene Hüpfen und Jubeln, mit dem die glücklichen Siegerinnen gleich nach dem Abpfiff begannen, sah herrlich aus. „Finale erreicht, dazu diese Kulisse, da geht dir schon die Pumpe“, sagte Mittelfeldspielerin Viola Odebrecht, während hinter ihr der Sekt in die Umkleidekabine gemogelt wurde.

Dank eines 2:1 (1:0)-Heimsieges gegen Arsenal London, den Tore von Selina Wagner (14. Minute) und Nadine Kessler (61./Handelfmeter) bei einem Gegentreffer durch Kim Little (54.) möglich gemacht haben, stehen die Fußballfrauen des VfL Wolfsburg vor dem größten Erfolg in ihrer Vereinsgeschichte. Am 23. Mai in London das Endspiel der Champions League bestreiten zu dürfen, ist Ehre und Belastung zugleich. Weil die Mannschaft um Spielführerin Kessler in dieser Spielzeit so erfolgreich ist und das Halbfinal-Hinspiel in London schon mit 2:0 gewonnen hatte, warten in den kommenden vier Wochen als Belohnung insgesamt sieben Pflichtspiele.

Das Konfetti war bis auf den Rasen geflogen. Hinter dem großem Werbeschild mit der Aufschrift „Autostadt“ saß ein weiblicher Fan, der fast ohne Pause in ein Megafon brüllte. Der Zuschauerzuspruch und die Stimmung waren dem großen Erfolg würdig. Freier Eintritt und die Garantie auf Tore hatten immerhin 7.183 Zuschauer in jenes Stadion gelockt, das sonst für die männlichen Bundesliga-Profis reserviert bleibt.

Aber die herausragende Stellung, die die „Wölfinnen“ eingenommen haben, beschert ihnen immer mehr Aufmerksamkeit. Pokalfinale erreicht, Bundesliga-Titel in Reichweite und jetzt auch noch im Finale der Champions League – ist der VfL Wolfsburg also der neue FC Bayern München des Frauenfußballs? „Mit denen haben wir nur die Chance auf drei Titel gemeinsam. Ansonsten ist deren Dominanz viel eindeutiger“, findet Ralf Kellermann, der Cheftrainer.

Es geht familiär und fair zu, wenn sich die Fußball-Elite der Frauen duelliert. Mit dem VfL Wolfsburg und dem englischen Serienmeister Arsenal London trafen zwei taktisch und technisch erstklassig geschulte Teams aufeinander. Keine fiesen Fouls, keine Streitereien: Die freundliche Version des Fußballs hat Charme und verdient mehr Applaus. Vom Schwung, den man sich in Deutschland nach der Weltmeisterschaft 2011 erhofft hatte, ist im normalen Ligabetrieb leider wenig bis gar nichts zu sehen. Aber die traumhaften Bedingungen, die der VfL Wolfsburg dank seines Hauptsponsors Volkswagen bieten kann, machen sichtbar, dass diese Mannschaft eine Klasse für sich ist. Allein für den Kopfball von Wagner zum 1:0 hätte man Eintrittsgeld verlangen können. „Bei uns passt im Moment einfach alles zusammen. Auf und außerhalb des Platzes“, sagte die Torschützin.  CHRISTIAN OTTO