: Der beste Kuhfilm
OBEN, UNTEN Zu Besuch in zwei China-Clubs: Exklusiv und appetitverderbend am Pariser Platz, kinobegeistert und appetitanregend in Friedenau
Nachdem die Chinaböller verschossen waren, ging es in die China-Clubs. Der erste befand sich am Pariser Platz. Er wurde 2003 von Anne Maria Jagdfeld gegründet und mit postmaoistischer chinesischer Kunst, die Millionen kostete, geradezu vollgestopft – bis hin zu den Toiletten. Einiges stammt vom China-Kunsthändler Alexander Ochs, der Galerien in Berlin und Peking besitzt. Um Mitglied in Frau Jagdfelds „exklusivem China-Club“ zu werden, muss man viel Geld zahlen. Wir kamen mit einem simplen Geschäftstrick rein – und dort zu einer üppigen China-Mahlzeit, die ich jedoch wegen der vielen interessanten Kunstwerke gar nicht richtig genießen konnte. Auch das Gespräch litt darunter.
Spende aus Holland
Anders im vergleichsweise schlichten Friedenauer „China-Club“. Er wurde 1999 von Hanjo Lehmann gegründet, der unter anderem als Lektor in China arbeitete und bisher zwei Bücher veröffentlichte: „Die Truhen des Arcimboldo“ und „I killed Norma Jeane“. In seinem „China-Club“, der hauptsächlich von in Berlin lebenden Chinesen frequentiert wird, zeigt er Filme aus China. Der Eintritt kostet 3 Euro, für Studenten und Arbeitslose 1,50 Euro, Chinesen zahlen 5 Yuan Renminbi, Tee und Chips gibt es gratis dazu. Man kann dort auch Tischtennis, Billard oder Chinaschach spielen, vor allem aber sich mit gebildeten Chinesen in beliebiger Sprache unterhalten.
Als wir da reinschneiten, wurde gerade der Film „Duo Niu“ gezeigt. Die Hauptrollen spielen der Komödiant Huang Bo – er gibt den Kleinbauern Niu Er – und seine friesische Milchkuh Duo Niu: sie ist eine Spende aus Holland zur Verbesserung der Versorgung der Roten Armee. Es ist das Jahr 1940 im Dorf Yizhen. Alle Bewohner wurden in Krieg und Bürgerkrieg getötet, nur Niu Er und Duo Niu haben überlebt. Mal rettet der Bauer die Kuh, mal rettet sie ihn. „Dass solche Filme mitten in der hyperkommerzialisierten chinesischen Filmlandschaft entstehen können, ist ermutigend“, meint Hanjo Lehmann. Wir bedankten uns für den interessanten Abend und gingen chinesisch essen.
Dass sein „China-Club von unten“ im Erdgeschoss des Hauses Cranachstraße 1 so nobel neben Frau Jagdfelds „China-Club von oben“ unterm Dach des Hotel Adlon besteht, ist ebenfalls „ermutigend“. Und die friesische Kuh im chinesischen Befreiungskampf war sowieso große Klasse. Ich habe schon viele Kuhfilme gesehen: Bis zu „Duo Niu“ galt mir die kurze Dokumentation von Detlev Buck über die Herde seiner Eltern als der beste Kuh-Film. Wohingegen die berühmten Kuhfilmer mich durchweg enttäuscht haben: Sergej Eisenstein in seinem Film über die Kollektivierung und Industrialisierung der sowjetischen Landwirtschaft: „Die Generallinie“, in dem es Großraumarbeitsplätze für Kühe im Ersten Stock gibt; Jean Rouch, in dessen Filmen fast immer einige elegante afrikanische Kühe vorkommen; und Eric Schlosser mit seinem US-Film zum Buch „Fast Food Gesellschaft“. HELMUT HÖGE