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Archiv-Artikel

Berliner Polizei hat versagt

NSU Dass das Landeskriminalamt den Hinweis auf das Terrortrio nicht beachtet hat, wertet der Untersuchungsausschuss im Bundestag als schweren Fehler und Inkompetenz

Brisante Informationen seien „im großen Moloch LKA Berlin versandet“, so CDU-Obmann Binninger

VON WOLF SCHMIDT

Alle fünf Fraktionen im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags waren sich am Montag einig: Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) habe einen schweren Fehler im Zusammenhang mit dem Terrortrio zu verantworten. Sie widersprachen damit der Einschätzung eines Sonderermittlers, der im Auftrag von Innensenator Frank Henkel (CDU) einen Bericht erstellte, der das LKA weitgehend entlastete.

Dreieinhalb Stunden lang hörte der NSU-Untersuchungsausschuss am Montagnachmittag hinter verschlossenen Türen den V-Mann-Führer des früheren LKA-Spitzels Thomas S. Der aus Chemnitz stammende, einst einflussreiche Neonazi war im November 2000 als Spitzel vom Berliner LKA angeworben worden. Er sollte vor allem über die rechtsextreme Musikszene berichten.

Im Februar 2002 gab er dann allerdings auch einen Hinweis auf einen möglichen Kontaktmann des untergetauchten Terrortrios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Doch die Sicherheitsbehörden in Thüringen und Sachsen erfuhren davon nach Überzeugung des NSU-Ausschusses von Berlin nichts. Zu dem Zeitpunkt hatten die Terroristen bereits vier Menschen ermordet.

Sie wolle zwar nicht von einer Mitschuld des Berliner LKA bei diesen Mordtaten reden, sagte SPD-Obfrau Eva Högl nach Anhörung des V-Mann-Führers. Aber es sei ein „schwerer polizeilicher Fehler“ gewesen, dass der Hinweis auf das Trio nicht weitergeleitet worden sei. Brisante Informationen, die bei der Suche nach dem Trio hätten helfen können, seien „im großen Moloch LKA Berlin versandet“, befand auch CDU-Obmann Clemens Binninger. Petra Pau von der Linkspartei sprach von „offensichtlicher Inkompetenz“.

Neonazi Thomas S. kannte das Trio seit Anfang der 90er und war zwischenzeitlich mit Beate Zschäpe liiert. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit Anfang 2012 gegen ihn wegen einer möglichen Unterstützung der Terroristen. In den Vernehmungen gab er zu, den Neonazis vor dem Untertauchen Sprengstoff besorgt und ihnen beim Beschaffen der ersten Wohnung im Untergrund geholfen zu haben.

All das verschwieg Thomas S. seinem V-Mann-Führer vom Berliner LKA. Als er 2002 den vagen Hinweis auf einen Kontaktmann zu drei Flüchtigen aus Thüringen gab, behauptete er sogar, die drei nicht namentlich zu kennen.

Thomas S. Informationen seien teils „frisiert“ und teils „falsch“ gewesen, sagte Grünen-Obmann Wolfgang Wieland am Montag. Dennoch hätten sie an die Behörden in den betroffenen Bundesländern weitergeleitet werden müssen. Doch für drei gesuchte Thüringer Neonazis interessierte sich das Berliner LKA offenkundig nicht.

Nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe sollten am Abend noch Ex-LKA-Chef Peter-Michael Haeberer und Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) vor dem Ausschuss aussagen.