: Ausbau hier, Streichung da
Sozialressort sieht sich bei Umstrukturierung der Kindergärten auf gutem Weg. Die Grünen erkennen dagegen „ein Defizit im Konzept“
Bremen taz ■ Bremen reduziert die Kindergartenplätze – und Bremen schafft neue. Das Land kann das gleichzeitig. Denn das Sozialressort betrachtet die beiden Aufgaben erst mal unabhängig voneinander. Zum einen geht es um Kinderschwund und Überkapazitäten, zum anderen um die vom Bund geforderte Ausweitung der Betreuung von 0- bis 3-Jährigen. Man sei bemüht, die beiden Prozesse schnell zusammenzubringen, sagt Staatsrat Arnold Knigge (SPD). Bis dahin kann er aber nichts ausschließen, selbst Schließungen von Kitas nicht. Dennoch geht Knigge, „was Qualität und Versorgungsstandards anbetrifft, sehr optimistisch ins neue Jahr“.
Die Grünen sind da eher skeptisch. Zwar begrüßt Grünen-Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert die Ausweitung der Betreuung der Kleinsten grundsätzlich, doch entdeckt der jugendpolitische Sprecher, Jens Crueger, „ein Defizit im Konzept“ – und meint damit genau die künstliche Zweiteilung. Man müsse von vornherein beide Baustellen beachten. „Da wird erst auf der einen Seite etwas weggenommen und auf der anderen wieder zugeschustert.“
SPD-Staatsrat Knigge ist indes überzeugt, dass das Land auf gutem Weg ist. Man werde die jüngst erreichten Standardverbesserungen in den Kitas halten können und zudem die Personalverstärkung weiter vorantreiben. Dies geschieht jedoch vor allem durch den Einsatz von weiteren 36 qualifizierten Langzeitarbeitslosen als SozialassistentInnen ab März. „Wir sind flexibler geworden und können sogar nicht berufstätigen Eltern Ganztagsbetreuung anbieten“, sagte Knigge am Dienstag vor Journalisten. Als nächsten Schritt kündigte er die flächendeckende Einführung der Entwicklungs- und Lerndokumentation an. „Es ist uns wichtig, den Übergang vom Kindergarten zur Schule zu verbessern.“ Hört sich gut an für die rund 4.200 Kinder aus Bremen und Bremerhaven, die in diesem Jahr ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz erwerben und dafür einen Kindergartenpass bekommen (siehe Kasten). Die Eltern aber müssen im Durchschnitt elf Prozent höhere Gebühren berappen. Um diese Preiserhöhung zu rechtfertigen, hat man laut Knigge weitere Verbesserungen in den Rahmenplan für frühkindliche Bildung und Erziehung geschrieben: Die Ernennung von neun Einrichtungen zu so genannten „Konsultationskitas“ gehört dazu. Diese stehen als Experten, etwa in Sprachförderung oder Ökologie, anderen Kitas nun für Beratung zur Verfügung. Dazu kommen ab August 58 Schwerpunkt-Kindergärten, die besonders ausgestattet werden, um behinderte oder beeinträchtigte Kinder gemeinsam mit anderen Kindern zu betreuen und zu fördern.
Warum man im gegnerischen Lager dennoch nicht zufrieden ist, liegt an einem anderen Umstand: der miserablen Betreuungsquote von 6,2 Prozent bei Kindern unter drei Jahren. Mit den 4,5 Millionen Euro, die der klamme Senat für zwei Jahre locker gemacht hat, glaubt Staatsrat Knigge, dem Anliegen des Bundes bis 2010 entsprechen zu können und das Angebot auf 20 Prozent auszudehnen. Grünen-Vorsitzende Linnert findet diese Vorsätze gut, jedoch nicht die Tatsache, dass lediglich Geld umverteilt, aber nicht mehr bereitgestellt wird. Sie erinnert an ein „Versprechen Bürgermeister Böhrnsens, dafür Hartz-IV-Einsparungen zu verwenden“. Davon sprach am Dienstag in der Tat niemand. Achim Graf