trend 2006 : Das Handy wird zum PC, der PC zum Telefon – und beide zum TV
Der stets vernetzte Mensch: Diese jahrzehntealte Prognose wird nun wahr. Immer mehr Handy-Besitzer werden mobil im Internet surfen. Viele neue Handys verfügen über einen Webbrowser, mit dem sich das Internet normal nutzen lässt – sei es für E-Mail, Auskünfte oder Nachrichten. Das eingebaute Navigationssystem, das satellitengesteuert durch ganz Europa weist, wird ebenfalls zur Grundausstattung vieler Handys gehören. Auch Fernsehdienste für Handys werden zu einem neuen Massenmarkt, glauben Analysten. Die Fußball-WM wird per Handy-TV zu sehen seien – über den Übertragungsstandard DVB-H. Gleichzeitig sollen die Discounttarife für Handys zunehmen; die Branche rechnet mit einem Wachstum von derzeit einer auf dann fünf Millionen Billighandys in diesem Jahr.
Auch das Festnetz ist im Umbruch. Schnelle DSL-Internetzugänge werden preiswerter und weiter boomen, schätzt die Marktforschungsfirma Datamonitor. Damit lässt sich ohne merkliche Wartezeiten im Internet surfen. Bisher verfügen nur 20 Prozent aller deutschen Internetanwender über eine Breitbandverbindung. Das ist im Vergleich mit anderen Industrieländern sehr wenig. Besonders in Großstädten werden superschnelle Verbindungen mit bis zu 50 Megabit pro Sekunde erstmals angeboten. Marktforscher rechnen deshalb mit einem Boom des internetbasierten Pay-TV. Den Anfang macht die Telekom, die erstmals die kommende Bundesligasaison live über ihr DSL-Netz verbreitet. Aber nicht nur Filme, sondern auch Sprache lässt sich übertragen – per IP Telephonie. Wer einen DSL-Zugang besitzt, kann sich in Zukunft die Kosten für das Festnetztelefon sparen.
Die Musik-CD gilt als Auslaufmodell. Der Verkauf von Musiktiteln über das Internet dürfte 2006 um 44 Prozent zunehmen. Das entspricht 1,4 Milliarden US-Dollar – und sind etwa 4 Prozent des Gesamtumsatzes der Musikindustrie.
Für die DVD betritt 2006 mit der „Blue-ray Disc“ ein Nachfolger die Bühne. Die neue DVD-Generation speichert etwa fünfmal mehr Daten als eine DVD und ist für Spielfilme in hochauflösender Bildqualität gedacht, die alle großen Hollywood-Studios für die Scheibe mit dem blauen Laserlicht anbieten wollen. Diese sollen sich die Konsumenten auf hochauflösenden Flachbildschirmen ansehen, die die Elektronikindustrie und Fernsehsender möglichst massenhaft verkaufen wollen. Einer der Köder: die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, die erstmals in „High Definition TV“ („HDTV“) mit schärferen Konturen, satten Farben und mehr Tiefenschärfe ausgestrahlt wird. Einen weiteren Schub erwartet die Industrie durch die Markteinführung der Playstation 3 von Sony, in der auch ein Blue-ray-Disc-Abspieler eingebaut ist. Sie ist fünfmal leistungsfähiger als der Konkurrent von Microsoft, der unter dem Namen XBOX 360 gerade erst im Dezember eingeführt wurde. Verglichen mit den heute üblichen PCs ist die Playstation 3 sogar 30-mal schneller.
Aber auch die PCs rüsten auf. Nachdem sich deren Geschwindigkeit über noch mehr Gigahertz nicht mehr steigern lässt, werden neue PCs mit bis zu acht parallel arbeitenden Prozessoren auf den Markt kommen. Gleichzeitig versucht Softwareriese Microsoft die Interessen der Musik- und Filmindustrie zu wahren: Normale Kunden sollen ihren PC nicht mehr als Kopierstation einsetzen können. In das für 2006 angekündigte Windows Vista ist eine Kopierschutztechnik eingebaut. Diese Trusted Computing Technology könnte sich zu einem noch nie da gewesenen Big-Brother-Szenario entwickeln. Denn dann darf der Anwender nur noch das auf seinem PC tun, was Microsoft für legal erachtet. TARIK AHMIA