: Die Schüler müssen da durch
3.000 LEHRER STREIKEN
3.000 von etwa 8.000 angestellten Lehrkräften der Berliner Schulen beteiligten sich am Dienstag an dem Streik, mit dem die Lehrergewerkschaft GEW Finanzsenator Ulrich Nußbaum zu Verhandlungen über einen ordentlichen Tarifvertrag zwingen wollte. Das ist weit mehr als ein Drittel und damit eine Streikbeteiligung, wie sie sich eine Gewerkschaft nur wünschen kann.
Die Unzufriedenheit muss also groß sein. Dabei geht es den angestellten LehrerInnen gar nicht ums Geld, sondern um Gerechtigkeit, wie auf ihren Plakaten zu lesen war. Und dass die Forderung der Lehrer nach fair verhandelten Tarifverträgen berechtigt ist, hat am Montag das Arbeitsgericht klargestellt. Nußbaum wollte den Streik untersagen lassen: wegen Unverhältnismäßigkeit, denn er fand an einem Prüfungstag für Abitur und Mittleren Schulabschluss statt. Das Gericht aber teilte Nußbaums Sichtweise nicht. Angestellte haben – anders als Beamte – nun mal das Recht auf Streik.
Rechtlich ist die Lage also klar. Doch das mit der Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit bleibt so eine Sache. Gerecht ist, für ordentliche Arbeit ordentlich bezahlt zu werden. Gerecht ist aber auch, das, was da ist, gerecht zu verteilen – nicht nur Geld, sondern etwa auch die Belastungen. So gesehen fanden die gewählten ElternvertreterInnen des Landeselternausschusses, der sonst stets Verständnis für die Probleme der LehrerInnen hatte, den jetzigen Streik ungerecht.
Verhältnismäßig betrachtet sind die SchülerInnen die größte Gruppe an Berlins Schulen: Mehr als zehnmal so viel Schüler- wie LehrerInnen gibt es. Mitsprache hatten sie nicht. Sie bilden die Masse, auf deren Rücken die Debatten ausgetragen werden. Die Streiks der Lehrer, die Reformen der Schulverwaltung – die SchülerInnen müssen das aushalten, sie müssen es ertragen, denn sie müssen da durch.
Wer derzeit in Abitur- oder MSA-Prüfungen ist, hat in seiner Schülerzeit schon einiges erlebt – immer zu seinem Besten, natürlich. Was das ist, darüber haben immer andere entschieden. Es ist eigentlich ein Wunder, dass nicht längst die SchülerInnen streiken. ALKE WIERTH