„Mangels gedeihlichen Wirkens“

AMTSENTHEBUNG In Worpswede tobt ein kirchlicher Konflikt, dessen Dramatik selbst der zurückhaltende epd „landesweiten Seltenheitswert“ bescheinigt

Ein ehrenamtlich engagierter Jugendlicher wurde „beurlaubt“, weil er im privaten Kreis Kritik am Kirchenvorstand übte

Die Auseinandersetzung um ihren umstrittenen Vorstand lässt die krisengeschüttelte evangelische Kirchengemeinde in Worpswede bei Bremen nicht los. Auf den Antrag, den Kirchenvorstand aufzulösen und den Pastor zu versetzen, reagieren Worpsweder nun mit einer Unterschriftensammlung. Mitinitiator Hans-Otto Hillen will erreichen, dass das Landeskirchenamt den Auflösungsantrag ablehnt: „Der Antrag vergiftet das Klima.“

Der Vorsitzende des Kirchenkreistages der Region, Eckart Richter, hatte kürzlich nach langen Querelen in der Gemeinde beantragt, den Kirchenvorstand aufzulösen und Ortspastor Ewald Dubbert „mangels gedeihlichen Wirkens“ zu versetzen. Richter, der auch Synodaler der hannoverschen Landeskirche ist, wirft ihnen vor, sie beschädigten das Ansehen der Kirche und die Glaubwürdigkeit kirchlicher Dienste nachhaltig. So mobbten sie Mitarbeiter und verweigerten die Kooperation mit anderen Gemeinden und dem Kirchenkreis.

Der Lüneburger Landessuperintendent Hans-Hermann Jantzen vermittelt in dem Konflikt, der in der Dramatik landesweit Seltenheitswert hat. Er bat die streitenden Parteien, sich öffentlich nicht mehr zu äußern. Doch zwischenzeitlich drohten Mitglieder des Kirchenvorstands Richter über die Lokalzeitung und strengten gegen ihn eine Anzeige wegen Verleumdung an. Empörung löste die „Beurlaubung“ eines Jugendlichen aus, der sich ehrenamtlich in der Gemeinde engagiert und sich in einer Gaststätte bei einem Essen im Familienkreis kritisch zum Kirchenvorstand äußerte.

Das Gespräch wurde zufällig mitgehört, dann protokolliert und über die Jugenddiakonin der Gemeinde dem Kirchenvorstand vorgelegt, ohne dass es vorher eine Rücksprache mit dem Betroffenen gab. Kritiker sprachen in Leserbriefen von „Stasi-Methoden“.

Der Kirchenvorstandsvorsitzende Ulf Franzke verteidigte das Vorgehen öffentlich. Wer sich so äußere, dass es Dritte vernehmen könnten, müsse sich nicht wundern, dass dies Folgen haben könne. Mittlerweile ist eine Frau aus dem Kirchenvorstand zurückgetreten, die diese Auffassung nicht teilt. Neuwahlen für den Kirchenvorstand seien in dieser Situation die beste Lösung, heißt es in einem Internet-Forum.

Schon im Frühjahr 2007 verließ eine Pastorin die Kirchengemeinde, weil sie keine Perspektive mehr in der Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand sah. Zuletzt bewegten unterschiedliche Vorstellungen über die personelle und finanzielle Ausstattung der Jugendarbeit die Gemeinde. Jugendliche demonstrierten mit Transparenten gegen den Kirchenvorstand. Kritik gab es unter anderem von der Kommune, die eine Personalstelle im kirchlichen Jugendzentrum „Die Scheune“ finanziert. epd