Auf die Knie bitte

NAHVERKEHR Früher automatisch, jetzt nur noch auf Nachfrage – BVG will bei Bussen das Bedarfskneeling auf Knopfdruck einführen

VON PLUTONIA PLARRE

Man nennt es Kneeling. Wenn ein Bus sozusagen in die Knie geht, um Fahrgästen das Ein- und Austeigen zu erleichtern. Früher senkten sich die rund 1.300 BVG-Busse bei jedem Halt automatisch ab. Im Sommer 2011 startete die BVG bei der Hälfte der Busflotte einen Testlauf: das Bedarfskneeling. Nur wenn Fahrgäste es per Knopfdruck verlangen, betätigt der Fahrer den entsprechenden Schalter. Das Bedarfskneeling will die BVG aus Kostengründen einführen. Eine Anhörung im Verkehrsausschuss zeigte am Mittwoch indes: Die Behinderten- und Fahrgastverbände sowie viele Abgeordnete halten davon gar nichts.

Kein Mensch sei wegen des Bedarfskneelings von der Beförderung ausgeschlossen, sagte der Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe, Klaus Wazlak, am Freitag zur taz. Die BVG würde aber jährlich 2 Millionen Euro einsparen, denn automatisches Kneeling kostet Sprit. Nur noch in Bremen und Nürnberg gebe es das automatische Kneeling. „Warum soll es in Berlin anders sein als im Rest der Welt?“, fragte Wazlak.

Nicht jeder Busfahrer reagiere auf den Knopfdruck, berichtete der Behindertenbeauftragte Jürgen Schneider am Mittwoch bei einer Anhörung im Verkehrsausschuss. Die Fahrgäste würden zu „Bittstellern“ degradiert. Jens Wieseke vom Fahrgastverband Igeb bestätigte: „Es funktioniert nicht, wie von der BVG dargestellt. Es ist immer eine Bettelei.“ Auch SPD, Linke und Piraten forderten, zum automatischen Kneeling zurückzukehren. Die BVG solle nicht bei denen sparen, die sich am wenigsten wehren könnten.

Zu wenige Kunden seien in der Testphase befragt worden, so die generelle Kritik. Das zumindest soll nun nachgeholt werden. Bevor die BVG die Umstellung weiter forciere, müsse sie unter Fahrgästen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt seien, eine Umfrage durchführen, meinte Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD).

Die Testphase für das Bedarfskneeling hatte am 1. August 2012 begonnen. Laut BVG-Bus-Chef Martin Koller wurde nur bei 2,8 Prozent der Stopps an Haltestellen eine Absenkung verlangt. Im ersten halben Jahr seien bei der BVG 45 das Kneeling betreffende Beschwerden eingegangen, sagte Pressesprecher Wazlak zur taz. Er gehe davon aus, dass die Fahrer inzwischen weitestgehend sensibilisiert seien, um bei jedem Knopfdruck mit einer Absenkung des Fahrzeugs zu reagieren.