Sikanìa: Viele schöne unerklärliche Stücke

Alte sizilianische Schätze und moderne PR: Eine mäßige Präsentation mit hohem Anspruch im Helms-Museum für Archäologie in Harburg

Der Minister für Kulturgüter, Umwelt und Volksaufklärung sieht Europa in einer tiefen Identitätskrise. Nur aus der Wiederbelebung des historischen Gedächtnisses könne eine neue und starke, nationale und regionale Identität entstehen, erklärt Ministro Alessandro Pagano bei der Vorstellung der Ausstellung „Sikanìa“ im Hamburger Museum für Archäologie in Harburg. Als oberster Kulturpolitiker der autonomen Region Sizilien gibt sich der Parteigänger Berlusconis jung, dynamisch und stolz auf sein Land.

Das allerdings hat eine reiche Geschichte: Die zentrale Insel des Mittelmeerraumes war seit je ein Ort für die kriegerische Auseinandersetzung und kreative Vermischung der Kulturen: Sikaner, Griechen, Karthager, Römer, Normannen, Araber, Spanier, Italiener. Was Pagano deshalb bei seiner Marketingoffensive gar nicht mag, ist, dass alle beim Stichwort Sizilien an die Mafia denken. Nur sieben Tote gingen 2005 auf der Insel auf das Konto der Mafia. Ansonsten gibt es vom bekannten Magenbitter über Wein, Öl und gutem Essen bis hin zu lebendiger Folklore so viel Schönes dort für den Touristen – allein 14 alte griechische Theater und Hunderte von Museen.

In der am Freitag so politisch befrachtet eröffneten Vitrinen-Ausstellung auf eher engem Raum geht es eigentlich um eine lang vergangene Epoche: Die späte Bronze- und frühe Eisenzeit – also etwa um 1.350 bis 500 vor unserer Zeit. Unter den etwa 250 Exponaten aus der als Sikanien bezeichneten Zentralregion Siziliens finden sich importierte und dort kopierte griechische Vasen, Schmuck, Waffen und Votivgaben. Zu sehen ist ein über 3.000 Jahre altes Rasiermesser, ein archaisches Schmuckplättchen mit schön stilisiertem Gesicht oder ein Spielzeug aus dem 7. Jahrhundert, ein Pferdchen auf Rollen: Viele gute Stücke, jedoch leider keine Erklärung über die Bedeutung. Vielleicht soll dafür der Katalog herangezogen werden, der in etwa zehn Tagen erscheinen wird. Denn so für sich erzählen die Dinge eher nur dem Fachmann ihre Geschichte.

Mit einem der Hauptstücke, dem kretischen Bronzehelm aus dem 6. Jahrhundert, hat es eine besondere Bewandtnis: Das Importstück aus einem Grab im sikanischen Polizello kann mit einem Exemplar aus der gleichen Werkstatt im kretischen Arkades verglichen werden, das sich im hiesigen Museum für Kunst und Gewerbe befindet – und beweist so unmittelbar den alten Fernhandel. Allerdings wurde nun die Chance nicht genutzt, das in der Produktionsregion gefundene Teil aus Hamburg mit dem aus Sizilien herbeigeschafften Exportartikel auch wieder zusammenzuführen. Hajo Schiff

SIKANÌA – Archäologische Schätze aus Zentral- und Südsizilien, Di–So, 10–17 Uhr, Helms-Museum, Hamburger Museum für Archäologie, Harburger Rathausplatz 5; bis 19. März. Zweisprachiger Katalog 25 Euro. Vortrag von Christin Rudolph: „Sizilien. Archäologie und Geschichte“ am Donnerstag, 19. Januar, 18 Uhr.