betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Wer denkt schon im Frühling an den Tod? Wo doch gerade aus allen Ecken das Leben sprießt! Die Schweizer Performancekünstlerin Beatrice Fleischlin tut es, und zwar in ihrer neuen (mit Anja Meser entwickelten) Arbeit, die Donnerstagabend in den Sophiensaelen Berliner Premiere hat: „Drop Dead. Gorgeous!“ Dabei hat Fleischlin ganz am Beginn ihres Berufslebens einmal eine Floristenlehre gemacht. Versteht also einiges vom Sprießen. Wieso dann ein Thema wie das Sterben? Mitten im Mai! Doch traurig soll es gar nicht werden, wird versprochen. Dem Tod, diesem unvermeidlichen Zerstörer aller Ordnung, werde mit Humor, Charme und Schalk entgegengetreten. Und roten Pumps. Schließlich sind wir im Theater. Dazu wird die unvergleichliche Marlen Oberholzer singen. (Sophiensaele: „Drop Dead, Gorgeous!“ , 16. und 17. Mai, jeweils 20 Uhr)

Ans Sterben denkt in Berlin hin und wieder auch manch freies Theater. Wenn nämlich die staatlichen Zuwendungen gestrichen werden. Nicht so das unerschrockene Weddinger Prime Time Theater, wo man todesmutig nicht nur jeder Form von Kunstkacke und ähnlichen Ansprüchen trotzt. Zudem hat man aus dem Strom der Gegenwart mit viel Gespür Themen gefischt, lange bevor sie den Mainstream erreichten: Migration und Postmigration zum Beispiel, Gentrifizierung und die Rolle der Kunst darin. Die Theatersoap „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“ ist nicht nur deshalb längst Legende. Und läuft und läuft und läuft. Jüngst hatte Folge 84 Premiere. Damit GWSW, wie nicht nur Fans die Theaterserie abkürzen, auch weiterlaufen kann, hat das Prime Time Theater jetzt eine Crowdfundingkampagne gestartet. 3.200 Euro will die unsubventionierte Bühne bis zum 23. Juni so einwerben. Von der Crowd. Also dem Publikum. (Prime Time Theater: „Die Mission der Kiezschlampe“, täglich um 20.15 Uhr)

Im Maxim Gorki Theater beginnt langsam die Dämmerung der Ära Petras mit ihren seltsam melancholischen Utopieversuchen. Und doch steht noch eine kleine Premiere auf dem Plan: die Theaterversion des Romans der jungen österreichisch-japanischen Schriftstellerin Milena Michiko Flasar „Ich nannte ihn Krawatte“, der in geduldigen und fast stoischen Bildern von zwei Menschen erzählt, die dem Leistungsdruck der Gesellschaft nicht mehr standhalten und zu Außenseitern werden. Jana Milena Polasek ist für die szenische Umsetzung verantwortlich, die am kommenden Mittwoch im Brinkmannzimmer des Gorki-Theaters Premiere hat, u. a. mit dem Schauspieler Thomas Lawinky. (Maxim Gorki Theater: „Ich nannte ihn Krawatte“, am 22. 5., 20.15 Uhr)