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„Das Vaterland ist cool“

Matthias Matussek dementiert Joachim Lottmanns Verdikt, er sei ein Linker: „Ich bin weder links noch rechts“

Den Schriftsteller und Spiegel -Kulturautor Joachim Lottmann hatte ein taz-zwei-Beitrag vom 27. Dezember über Spiegel -Kulturchef Matthias Matussek und sein Buch „Palasthotel“ (taz vom 27. Dezember) zu einer Präzisierung angeregt: Matussek sei „a priori ein Linker“ (taz vom 11. Januar). Nun antwortet Matussek.

Lieber Joachim Lottmann, lieber Kollege, lieber Freund,

danke für die Blumen. Ich bin weder links noch rechts noch Deutschnationaler. Allerdings halte ich die deutsche Wiedervereinigung für prima, nicht zuletzt, weil ich dadurch meine Frau kennen gelernt habe. Und weil wir damit als Nation historisch endlich angekommen sind. Womit Ruhe an den Grenzen wäre. Und ich halte es für wichtig, Zugehörigkeit zu einer Nation zu empfinden, besonders zu unserer, die verrückt und entwurzelt und kaputt und neu zusammengesetzt und absolut liebenswert ist, eine Avantgarde weltoffener, postmoderner Improvisierer, die sich ganz besonders dort beobachten lässt, wo du lebst, in der Kastanienallee am Prenzlauzer Berg.

Und ich finde die deutsche Pop-Musik toll, die deutschen Mädchen und Heine, Humboldt, Mozart und die ICEs und die Kneipen und dass man abends nicht auf der Straße erschossen wird. Schon eine ganze Menge Gründe, dieses Vaterland cool zu finden. Ich bin gerne nach über zehn Jahren in New York, Rio, London – wo nationale Selbstfeiern übrigens ganz selbstverständlich sind – wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Wie ausgerechnet ein krumm gewachsener unpünktlicher marxistischer Exhippie und Träumer wie ich dazu kommt, Deutschland toll zu finden, kannst du in meinem Buch „Wir Deutschen“ nachlesen, das im Frühjahr bei Fischer erscheint. Es ist die Fortsetzung zu „Palasthotel“. Es erzählt diesen schwarzrotgoldenen Kuddelmuddel weiter. So, und nun wollen wir gemeinsam arbeiten und das Bruttosozialprodukt steigern.

Dein Matthias Matussek

PS: Und was die WM angeht: NATÜRLICH sind wir den anderen Nationen überlegen.

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