UNTERM STRICH

Eine traurige Nachricht: Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Lyrikerin Sarah Kirsch am 5. Mai im Alter von 78 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Heide (Holstein) gestorben. Geboren wurde die Schriftstellerin 1935 im Harz unter dem Namen Ingrid Bernstein. Ihren Nachnamen nahm sie von ihrem Mann an, dem Lyriker Rainer Kirsch, mit dem sie von 1960 bis 1968 verheiratet war. Ihren Vornamen Sarah wählte sie selbst, aus Protest gegen den Holocaust, wie es heißt. Sie studierte Biologie und Literatur in Leipzig am Literaturinstitut Johannes R. Becher. Einen oft milden, selbstironischen und leicht berlinernden, unheiligen Ton zeichnen viele ihrer Gedichte und Prosastücke aus. Neben Christa Wolf war sie zunächst eine der weiblichen Stars der DDR-Literatur. „Es war dieser merkwürdige Sommer“ hieß ein bekannter Auswahlband ihrer Lyrik aus dem Jahr 1974. Aber Sarah Kirsch wandte sich auch handfesteren literarischen Formen zu: In der „Pantherfrau“ beschrieb sie die weibliche Lebensrealität, wozu sie Interviews mit Frauen auf Band aufgenommen hatte.

Nach ihrem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns siedelte sie 1977 nach Westberlin über. 1996 bekam sie den Büchnerpreis – was sie nicht davon abhielt, die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung, die den Büchnerpreis vergibt, spöttisch als Akademie für „Strafe und Richtung“ zu bezeichnen. Bis zu ihrem Tod lebte sie, bewusst abseits allen Trubels, in Dithmarschen, an der Westküste Schleswig-Holsteins (das sie als „Schließlich-Holzbein“ bezeichnete). Dem Leben auf dem Lande zwischen „Wacholder- und Rotdrosseln“ hat sie noch in ihren 2012 erschienenen Aufzeichnungen „Märzveilchen“ ein literarisches Denkmal gesetzt.