: Bild macht den Springer
Die „Bild“-Zeitung verlagert die Produktion der Ruhrgebietsseiten. Das Personal geht gleich mit
Die Bild-Zeitung gibt den Standort im Essener Stadtteil Kettwig auf. Im März sollen vier Redakteure und ein Redaktionsleiter aus dem Essener Süden in ein Büro in der Innenstadt ziehen. Die im Juni des vergangenen Jahres begonnene Umstrukturierung des Regionalteils Ruhrgebiet der größten Boulevard-Zeitung Deutschlands ist damit abgeschlossen. „Der Standort auf der grünen Wiese ist nicht mehr zeitgemäß, wir gehen dahin, wo das Leben spielt“, sagt Tobias Fröhlich, Bild-Sprecher im Springer-Konzern.
„Springer macht nach mehr als 25 Jahren ihren bundesweit größten und wichtigsten Standort platt“, sagt Karlheinz Stannies, Betriebsratsvorsitzender der Bild Essen. Im Juni des vergangenen Jahres arbeiteten noch 120 Mitarbeiter in Redaktion, Marketing und Vertrieb. Mittlerweile wurden zwei Drittel der Stellen abgebaut oder an andere Standorte verlagert – auch wegen der Aufteilung des Ruhrgebiet-Regionalteils in Ruhr-West und Ruhr-Ost. 30 Mitarbeiter wechselten an den neuen, zweiten Ruhr-Standort Dortmund, wo Bild seit einem halben Jahr den Regionalteil für das östliche Ruhrgebiet, das Münsterland und Ostwestfalen herausgibt. „Das Konzept hat sich sogar bewährt“, sagt Stannies. Die Reaktionen der Leser seien positiv, die Auflage gehe entgegen des bundesweiten Trends nach oben.
Was darüber hinaus geschehen ist, sei allerdings mehr als bitter: 25 ehemalige Mitarbeiter aus Kettwig wurden vor die Tür gesetzt. Diejenigen, die nicht in Vorruhestand gehen, mussten Auflösungsverträge unterschreiben. Sie werden es schwer haben, eine neue Anstellung zu bekommen. „Der WAZ-Konzern als größter Zeitungsverlag des Ruhrgebiets stellt momentan kaum noch Leute ein, die Ruhr Nachrichten schließen ebenfalls mehrere Lokal-Redaktionen“, sagt Stannies. Viele Kollegen seien in einem Alter, wo sie keine Anstellung mehr bekämen.
Doch auch bei den wenigen übrig gebliebenen Bild-Kollegen wächst der Unmut. „Obwohl der Konzern bereits im vergangenen Sommer Veränderungen angekündigt hatte, wurden wir bis zuletzt nicht über das volle Ausmaß der Kürzungen informiert“, so Stannies. Auch auf eine Begründung wartet die Belegschaft. „Kosten sollen herunter gefahren werden“, sagt Stannies. Die Standort-Schließung in Essen sei Teil einer Zentralisierung des Springer-Konzerns. Ein Großteil der Seiten für das Ruhrgebiet wird bereits jetzt in Hamburg produziert. Im Sommer wechselten 25 Mitarbeiter ins Mutterhaus – darunter 21 Journalisten. Ob an anderen Standorten ähnliche Umstrukturierungen geplant sind, könne er nicht bestätigen. Immerhin: die Druckerei bleibt von den Plänen wohl unangetastet.
Kajo Döhring, Geschäftsführer des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) in NRW, kritisiert die Pläne: „Die Gewinnmaximierung ist das alleinige Interesse des Konzerns“, sagt er. Anders als vor zwei, drei Jahren, als in Folge des Terroranschlags am 11. September das Anzeigenaufkommen auf dem Tageszeitungsmarkt einbrach, sei derzeit keine Krise zu erkennen. „Die Arbeitgeber werden der Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern nicht mehr gerecht“, so Döhring. HOLGER PAULER