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Archiv-Artikel

Zwischen Schaffermahl und Eiswette

BÜCHER Die Staats- und Universitätsbibliothek feiert ihren 350. Geburtstag und zeigt ihre wertvollsten historischen Bestände. Über das Erbe der Gelehrtenbibliothek ist sie aber noch nicht hinweg

Von MNZ
Drei Daten zur Geschichte

Die heutige Staats- und Universitätsbibliothek hat drei wichtige Phasen durchlaufen.

■ 1660: Die „Bibliotheca Bremensis“ wird im „Gymnasium Illustre“ eröffnet, einer Mischform aus höherer Schule und Hochschule, die im ehemaligen Katharinenkloster untergebracht war.

■ 1865: Die mittlerweile Stadtbibliothek genannte Institution bekommt einen hauptamtlichen Bibliothekar und wird wissenschaftlich ausgerichtet.

■ 1965: Umwandlung der Staatsbibliothek zur Uni-Bibliothek im Aufbau (mnz)

Bremen ist keine Stadt der Bücher. Und auch keine mit einer langen universitären Tradition. Alt-Bürgermeister Hans Koschnick hat trotzdem kein Problem, die Staats- und Universitätsbibliothek (SUUB) in einem Atemzug mit Eiswette und Schaffermahlzeit zu nennen. In diesem Jahr feiert sie ihren 350. Geburtstag – und ist damit immerhin deutlich älter als erstere, aber noch nicht ganz so alt wie letztere Bremensie.

Wobei: Am Anfang war die „Bibliotheca Bremensis“, wie sie 1660 hieß, eine Gelehrteninstitution und weit davon entfernt, schon eine öffentliche Bibliothek zu sein. Untergebracht war sie im ehemaligen Katharinenkloster, dort, wo heute eine Einkaufspassage steht. Und nicht mehr das calvinistisch geprägte „Gymnasium Illustre“, eine Mischform aus höhere Schule und Hochschule, die mangels eines kaiserlichen Siegels nicht Universität heißen durfte. Seine Zugangszeiten beschränkten sich auf zwei Stunden – alle 14 Tage. Neben der Dom- und der Rats- gehörte auch die Privatbibliothek des Schweizers Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578-1635) zu dieser „Bibliotheca Bremensis“. 1.800 Bücher hatte der Jurist mit der Vorliebe für das Schöngeistige gesammelt. Manches davon ist verloren gegangen – erhalten geblieben ist unter andere ein mit Gold und Purpur ausgemaltes Evangelistar, das im 11. Jahrhundert Kaiser Heinrich III. gehörte. Das wertvollste Buch, was die SUUB besitzt.

Ein Teil dieser in der Öffentlichkeit selten zu sehenden Bücher wird ab Freitag in der Ausstellung „Zer|le|sen“ zu sehen sein, neben solchen, für die jetzt „Buchpaten“ gesucht werden, die ihre Restaurierung finanzieren. Der historische Bestand reicht von allerlei Briefen Goethes über eine Kartensammlung bis hin zu ägyptischen Papyri aus dem 2. Jahrhundert.

Heute versteht sich die SUUB – mittlerweile Bibliothek des Landes und aller seiner Hochschulen – als „Hybrid“ aus 3,5 Millionen Bänden Gedrucktem und nur online Verfügbarem. Und auch wenn die SUUB inzwischen viel mehr elektronische Zugriffe als Ausleihen verzeichnet: Rektor Wilfried Müller will „auch weiterhin zum gedruckten Buch stehen“. Und bis der gesamte Bestand digitalisiert sei, würden noch ein „paar hundert Jahre vergehen“, so Müller – zumal dies „unvorstellbar teuer“ sei. Allerdings ist der Etat von 13,9 Millionen Euro zuletzt leicht gesunken.

Reste der Gelehrtenbibliothek hat sich die SUUB übrigens erhalten: Ihre Professoren verfügen nicht nur über Dauerleihgaben, die eigens für sie angeschafft werden. Sie können auch zehnmal so viele Bücher ausleihen wie ihre Studierenden, und sie drei Monate und nicht nur vier Wochen ausleihen – verlängerbar auf 15 Monate. MNZ