LESERINNENBRIEFE
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Genau zuhören

■ betr.: „Gutachter: Fracking unnötig“, taz vom 1./2. Juni 2013

Auch wenn der Sachverständigenrat für Umweltfragen meint, Fracking sei „unnötig“, leiste „keinen Beitrag zur Energiewende“, so könnte es dennoch wichtig sein, genau zuzuhören. Unnötig scheint Fracking für den Sachverständigenrat deshalb zu sein, weil sich das Ganze auch angesichts der ungeklärten Risiken wirtschaftlich nicht rechnet.

Es wird allgemein darauf hingewiesen, dass Fracking „das Grundwasser gefährden kann“. Was heißt das denn? Wenn das Grundwasser gefährdet wird (hier handelt es sich doch wohl eher um eine Vergiftung als um eine Gefährdung!), wird damit die unerlässliche Voraussetzung für das Leben auf diesem Planeten gefährdet. Solange das nicht ausgeschlossen werden kann, verbieten sich solche Unternehmungen nach meinem Verständnis von selbst. Früher sprach man in solchen Fällen von „Brunnenvergiftern“. Und jeder Ingenieur sollte doch wissen, dass es eine 100-prozentige Sicherheit nie geben kann – was für mich bedeutet, die Hände von einer solchen möglichen Gefährdung des Grundwassers zu lassen.

Schaue ich etwas genauer darauf, dann wird noch ein Muster erkennbar: die Verharmlosung durch Sprache. Gefährdung ist etwas ganz anderes als Vergiftung. Ich denke da an Bezeichnungen wie „Entsorgungspark“ für atomares Endlager, „Kollateralschäden“ für im Krieg „irrtümlich“ getötete Menschen. Und – noch aktueller – „Energiewende“: eine Beschreibung dafür, weiterhin Energie zu produzieren und zu verbrauchen, nur jetzt eben „alternativ“. Damit geht das Wachstum weiter: „mehr“! Kein Ende in Sicht. Oder doch? Das Ende der Menschheit? Mich erinnert all das an Russisch Roulette. Verantwortungslos. JÜRGEN HARGENS, Meyn

Überzogene Erwartungen

■ betr.: „Soziale Auslese vor der Therapie“, taz vom 31. 5. 13

Natürlich ist die stete Verlässlichkeit des „Therapeuten“ Bloch im Fernsehen bei der Heilung seiner Psychotherapiepatienten eine Fiktion und insofern auch eine nicht ganz ungefährliche, als sie überzogene Erwartungen an Psychotherapie befördert. In welchem medizinischen Fachgebiet würde man erwarten, dass eine Behandlung immer hilft? In der Krebsheilkunde zum Beispiel sicher nicht. Würde man zudem in diesem Fachgebiet davon sprechen, dass die Behandlungen da, wo sie am wenigsten nötig seien, also bei weniger kranken Menschen, am wirksamsten seien? Vielleicht wird bei diesem Beispiel wenigstens deutlich, dass es Wirksamkeit nicht ohne Notwendigkeit geben kann.

Mir ist daneben nicht klar, wie Frau Schediwy zu dem Schluss kommt, dass in der Studie der Techniker Krankenkasse von 2011 die leichten psychischen Störungen überwiegen würden. Wörtliches Zitat aus der Studie: „Für 93 Prozent der Fälle ergeben sich mittlere bis schwere klinische Beeinträchtigungen.“ Warum erwähnt die Autorin außerdem nicht, dass in dieser aktuellen Verbraucherstudie, wie sie von ihr gefordert wird, große Effekte hinsichtlich der Wirksamkeit gemessen worden sind sowie ein gesundheitsökonomischer Nutzen von 2 bis 4 Euro pro für die Psychotherapie eingesetztem Euro? Der immerhin zugestandenen Forderung nach mehr Psychotherapiekassensitzungen tut man mit der Darstellung, dass nur die leichteren Fälle mit immer noch fraglicher Wirksamkeit behandelt würden, jedenfalls einen Bärendienst. Und natürlich bezieht sich der „Dodo Bird effect“, nach dem angeblich alle Psychotherapien wirksam seien, nur auf Psychotherapieschulen, die sich auch methodisch anspruchsvollen Studien unterzogen haben, damit also eben nicht auf alle auf dem Markt verfügbaren Psychotherapierichtungen.

C. FALK, Würzburg

Erzieherinnen sind überlastet

■ betr.. „Träger warnt vor den eigenen Kitas“, taz vom 31. 5. 13

Mein Respekt gilt den Menschen , die den Mut hatten über die Zustände in den Kitas öffentlich zu sprechen. Sie trauen sich zuzugeben, was in sehr, sehr vielen Kitas und Kindergärten Alltag ist.

Die Erzieherinnen sind überbelastet. Abgesehen von der pysikalischen Belastung durch Lärm und Belastung des Bewegungsapparates – Kindertragen, Bücken, Arbeiten auf Bodenniveau – ist der psychische Druck, immer mehr kleinere Kinder versorgen zu müssen, immer häufiger Probleme mit hyperaktiven Kindern zu haben und immer höhere Ansprüche erfüllen zu müssen, sehr hoch.

Eine sehr erschöpfte Erzieherin äußerte sich mir gegenüber resignierend : Früher waren wir als Kindergärtnerinnen dazu da, Familien zu unterstützen, heute sind wir da, die Familie zu ersetzen. Der somit sehr verantwortungsvolle Beruf der Erzieherin/Erziehers ist in unserer Gesellschaft bei Weitem nicht angemessen geschützt und bezahlt. Das gilt ebenso für kirchliche und kommunale Kinderaufbewahrungsstätten. Respekt für alle, die in diesem Beruf arbeiten, Respekt für die, die ihre Grenzen kennen und darüber sprechen. CHRISTINA GRONEMEYER, Bielefeld

Die Flut und das Wahljahr 2013

■ betr.: „Flut wird Katastrophe, Merkel macht den Schröder“, taz vom 3. 6. 13

Im Wahljahr 2002 nutzte Schröder schamlos die Oderflut und das Leid der verzweifelten Betroffenen, um durch spontane Hilfszusagen vor Ort Wähler zu gewinnen. Das bescherte ihm in der Tat einen knappen Wahlsieg. Auch dieses Jahr haben wir wieder wichtige Wahlen, und die Flut wird hoffentlich nicht durch Merkel und Steinbrück für sich genutzt. RÜDIGER KAMMERHOFF, Königslutter