: Verwirrend klar
IDENTITÄT Eine neue Ausstellung in Berlin hinterfragt intelligent Klischees über deutsche Muslime
BERLIN taz | Sie kommt auf den ersten Blick ganz angepasst daher – angepasst jedenfalls an den Medienkonsum von Jugendlichen: mit Comics, Filmen, Fotos, kurzen Texten und vielen Möglichkeiten zur Interaktion: „Was glaubst Du denn?“ heißt eine Ausstellung der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) über junge Muslime in Deutschland, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.
Mit Daten und Fakten sowie mit Denk- und Bildexperimenten, die beim Betrachter zunächst Verwirrung und gerade dadurch dann schließlich Aufklärung stiften, hinterfragt sie gängige Denkmuster über deutsche Muslime – die längst etwa vier Prozent der Bevölkerung ausmachen und von denen etwa die Hälfte deutsche Staatsbürger sind. „Wer ist eigentlich wir?“, lautet die Frage. Die Antwort geben junge Muslime und Muslimas, die in kurzen Filmen sehr offen über sich, ihre Familien, ihr Leben, ihre Hoffnungen und Pläne erzählen.
Etwa Kübra, die sich die Haare punkig bunt färbt – und sagt, dass ohne den Glauben ihr Leben an Halt und Sicherheit verlieren würde. Dass es gar nicht so leicht ist, Religiosität abzubilden und dabei Klischees zu hinterfragen, statt zu reproduzieren, bestätigte Cilly Kugelmann, Programmdirektorin des Jüdischen Museums in Berlin, auf der Podiumsdiskussion, die die Ausstellungseröffnung begleitete. Das Jüdische Museum macht gerade mit der provokanten Präsentation „Die ganze Wahrheit … was Sie schon immer über Juden wissen wollten“ ebenfalls einen Versuch, Klischees in Frage zu stellen. Ob man nicht bei solchen Themen sensibel sein müsse, wurde sie gefragt. Ihre Antwort war pragmatisch: Besser setze man auf Intelligenz als auf Sensibilität.
Zielgruppe für die vom Bundesinnenministerium und dem Europäischen Integrationsfonds finanzierte BPB-Ausstellung, die auf eine Anregung der Deutschen Islamkonferenz hin entstand und von Schulen ab sofort bei der BPB gebucht werden kann, sind nicht nur SchülerInnen, die wenig über Muslime wissen. Auch junge Muslime sollen ermutigt werden, so BPB-Präsident Thomas Krüger, „nicht die ihnen von außen aufoktroyierte Identität anzunehmen, sondern ihre eigene zu entwickeln, sie selbst zu sein“. ALKE WIERTH